Einmal mehr. So eine Bestatterin wünschte ich mir. Kathrin Röösli, 45, verheiratet, ist seit gut einem Jahr eine engagierte Begleiterin von Menschen die ihre letzte Reise antreten wollen, oder von Angehörigen die jemanden beklagen, der stillgeworden ist.
Kathrin Röösli, die Mutter zweier Kinder, ist eine Frau mit gewinnendem Lachen.
Bestatterin Kathrin Röösli erlebt das pralle Leben und den schmerzlichen Tod
Fasziniert bin ich, weil sie über eine reiche Lebenserfahrung verfügt. Sie ist Mutter, betätigte sich lange Jahre als «Doula». Darüber sagt sie: «Ich liess mich zur sogenannten Dienerin der Frau ausbilden. Als Doula begleitet man Ehepaare oder alleinstehende Frauen. Da geht es ja ausschliesslich um die Geburt. Dabei erlebte ich das pralle Leben und den unverständlichen Tod.»
Kathrin Röösli weiter: «So freudig und glücklich jede Geburt sein kann, ebenso traurig kann sie enden. Beim Beginn des Lebens dabei zu sein und unterstützend mitzuwirken, ist ein grosses Privileg und eine wunderbare Aufgabe. Aber auch mit dem Tod eines frisch geborenen Kindes umgehen zu können war Teil unserer Ausbildung. Der Tod und das Abschiednehmen sind Ereignisse, die mich deshalb zeitlebens begleiten. Die Faszination an diesem Thema wuchs über die Jahre und wurde mit der Selbstständigkeit zur gelebten Realität.»
Wir sitzen im hellen Bestattungszimmer ihres jungen Unternehmens. «Das war früher einmal eine Bäckerei», sagt sie. «Der Vormieter hat nachher die Räume aus-, respektive umgebaut und ich konnte meinen langgehegten Wunsch verwirklichen. Heute begleite ich Menschen auf ihrem letzten Weg. Ich schliesse mit ihnen gemeinsam den Kreislauf, den wir Leben nennen.
Frau Röösli: Wer Mütter begleitet und Trauernde betreut, muss Menschen gernhaben. War das immer so?
Kathrin Röösli: Einen Auslöser gab es nicht. Ich bin und war schon immer sehr gerne mit Menschen zusammen. Es ist sehr bereichernd, Menschen in ganz persönlichen Situationen zu begleiten.
Was für eine Rolle spielt die Familie, spielen die Kinder in Ihrem Leben?
Eine sehr grosse Rolle. Ich bin verbunden mit ihr und manchmal ein bisschen zu besorgt … Das würden meine Kinder wohl zu meiner Mutterrolle sagen.
Kathrin Röösli erklärt, sie sei als Bestatterin angekommen. «Das spürt mein Mann ebenfalls und unterstützt mich sehr.» Den Tod, das Sterben erlebte die Bestatterin mehrfach in nächster Nähe. Seit sie sich als Bestatterin betätigt, ist der Tod täglich ein Thema. «Ich lerne das Leben mehr zu schätzen und geniesse die Momente, die Begegnungen mit Menschen intensiver.»
Eine ausgefüllte Patientenverfügung ist vorhanden und auch für die eigene Abschiedsfeier hat Kathrin Röösli konkrete Pläne und Vorstellungen. «Ich möchte vor allem ein Abschiedsfest mit Apèro, wo, und das wäre schön, auch gelacht wird.»
Bestatterin Röösli: «Zum Geschäft gehört viel Herzblut»
Kathrin Röösli lacht gerne. Und sie liebt die Menschen, darum versteht sie sich als ganzheitliche Bestatterin. Dazu gehören viele Begegnungen, Begleitungen, Zuwendungen. Nicht alles lässt sich verrechnen, viele Handreichungen und Zeitgeschenke sind Herzblut: So klinkt sie sich schon mal aus, um im Rahmen der Trauerarbeit mit einem Kunden im Bestattungsgeschäft einen Café zu trinken. Mit am Tisch: die Urne seiner Frau. Das sind traurige, verbundene aber oft ebenso fröhliche Momente. Aufrüttelnd war der Gang mit einer verzweifelten Mutter zum aufgebahrten Sohn, der an Drogenkonsum gestorben war.
Sie schweigt kurz. Lacht wieder und erzählt uns von fröhlichen Momenten. Etwa als sie einem Italiener eine Urne brachte. «Es war eine spontane Bitte. Das Ehepaar wollte die Urne ihres Sohnes nun doch noch vor der Beisetzung bei sich zu Hause haben.» Da das Bestatterauto unterwegs war, blieb der flexiblen Bestatterin nur die Möglichkeit, das Tongefäss sorgfältig verpackt mit ihrer Vespa ins Nachbardorf zu fahren. Der gebürtige Italiener und seine Frau hatten eine riesige Freude, dass ihr Kind die letzte Reise auf einer Vespa angetreten hatte.
Welche Dienstleistungen sind bei Ihnen, bei der Bestatterin, vor allem gefragt?
Als erstes ist klar, geht es darum, einen verstorbenen Menschen bereit zu machen für seine letzte Reise. Das heisst, waschen, anziehen, einbetten. Dazu gehören ebenfalls Beratungs- und Organisationsgespräche und Behördengänge. Ich texte und bestelle Trauerkarten, halte Trauerreden und kümmere mich um die Gestaltung der Abdankungsfeier.»
Kathrin Röösli baut in ihre Abschiedsfeiern oft Rituale ein. Warum? Wie sehr sprechen Menschen darauf an?
«Ich machte die Erfahrung, dass Rituale in jedem Lebensalter hilfreich sind und Halt geben. Das ist speziell in einer Trauerphase sehr wichtig. Ich gestalte die Abschiedsfeier gerne mit einem Lichtritual, wo alle Anwesende im Stillen eine Kerze anzünden können. Ebenfalls das Symbol der Feder, die ich verteile und die dann im Wind davon fliegt. Es symbolisiert die Seele, die man gemeinsam ziehen lässt. Besonders Kinder sprechen extrem gut auf Rituale an und wenn sie dabei noch mit Worten unterstützt werden ist es noch besser.»
Was sagten Sie, wenn Sie wüssten, Sie würden heute Nacht friedlich einschlafen und nicht mehr erwachen?
Ich hatte ein erfülltes Leben mit vielen Hochs und ein paar Tiefs. Die gehören ebenfalls zu unserem Leben. Und drum sage ich: ‹Geniesst das Leben, ihr habt nur das Eine. Und erkundet die Welt.»
Fürchten Sie sich vor dem Tod? Wenn ja, was macht Ihnen Angst?
Der Tod macht mir keine Angst. Ich freue mich sogar irgendwann meine lieben Verwandten und Freunde die mir voraus gegangen sind, wieder zu sehen. Aber ich habe Angst und grossen Respekt vor dem Sterben. Wie alle, möchte ich nicht leiden müssen.
Was denken Sie, kommt nachher? Was war vorher?
Das Nachher stelle ich mir grossartig vor. Über das Vorher habe ich keine Vorstellungen.
Text: Martin Schuppli, Fotos: Peter Lauth
Kathrin Röösli
ihreBestatterin.ch
Schachenweg 5, 6030 Ebikon LU
Tel. 041 440 07 07
www.roeoesli-bestattungen.ch | info@roeoesli-bestattungen.ch