Was kostet Suizidhilfe und wer bezahlt sie?

Die Schweiz ist bekannt für ihre liberalen Regelungen zur Sterbehilfe und dem assistierten Suizid, aber auch für hohe Preise und teure Dienstleistungen. In diesem Text erklären wir die wesentlichen Abläufe und damit verbundenen Kosten beim assistierten Suizid.

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz ist die aktive Tötung auf Verlangen verboten, die Beihilfe zum eigenhändigen Suizid hingegen unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
  • Die wichtigsten Voraussetzungen legaler Suizidhilfe sind: Die Urteilsfähigkeit der sterbewilligen Person, Konstanz, Autonomie und Wohlerwogenheit hinsichtlich des Sterbewunsches sowie die ausführliche Dokumentation der vorgängigen medizinischen Abklärungen. Zudem muss die Tötungshandlung zwingend durch die sterbewillige Person selbst erfolgen.
  • Suizidhilfeorganisationen in der Schweiz sind gemeinnützig. Sie finanzieren sich überwiegend aus Mitgliedschaftsgebühren, die periodisch (meist jährlich) oder anlassbezogen anfallen können. Bedeutende Kostenfaktoren sind Vorabklärungen, Arztkosten und Rezeptgebühren, Personalkosten für Freitodbegleitung und Öffentlichkeitsarbeit sowie fakultative Bestattungsleistungen.
  • Die Kosten der Suizidhilfe werden nicht durch schweizerische Sozialversicherungen übernommen. Es gibt aber in begründeten Einzelfällen die Möglichkeit, eine Ermässigung oder einen Erlass der Gebühren individuell zu vereinbaren.

Wie läuft Suizidhilfe in der Schweiz ab?

Was gemeinhin als «Sterbehilfe» bezeichnet wird, ist präziser als «assistierter Suizid» zu umschreiben. Gemäss Art. 115 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer «aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet». Die zum Tod führende Handlung (bspw. Einnahme eines Betäubungsmittels) muss dazu zwingend durch die sterbewillige Person selbst vorgenommen werden. Dritte dürfen aber etwa durch Bereitstellung von Sterbemitteln Hilfe leisten. Diese Regelung und die Gerichtspraxis haben dazu geführt, dass sich in den letzten Jahrzehnten verschiedene Eckpunkte und Institutionen herausgebildet haben, die einen rechtlich einwandfreien und ethisch vertretbaren Ablauf des assistierten Suizids gewährleisten sollen.

Gemäss Gesetz und Rechtsprechung ist der assistierte Suizid nur zulässig, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Urteilsfähigkeit: Die sterbewillige Person muss imstande sein, vernunftgemäss zu handeln. D.h. sie muss ihren (Sterbe-)Willen mängelfrei bilden und diesen auch durch entsprechende Handlungen umsetzen können («sie muss wissen, was sie tut»).
    Es ist nicht ausgeschlossen, dass psychisch kranke Personen (z.B. mit leichter oder mittelschwerer Demenz) assistierten Suizid in Anspruch nehmen können. Allerdings müssen sie in Bezug auf den Sterbeentscheid urteilsfähig sein, also die Folgen davon einschätzen können. Dies wird durch Fachgutachten und nötigenfalls eine Ethikkommission beurteilt.
  • Konstanz: Der Sterbewunsch muss konstant, also von einer gewissen Dauer sein. Damit soll ausgeschlossen werden, dass jemand sich im Affekt – etwa unmittelbar nach einem Schicksalsschlag wie z.B. einer Krebsdiagnose – für einen Freitod entscheidet. Umgesetzt wird dieses Kriterium in der Praxis durch Wartefristen (etwa 90 Tage bei EXIT).
  • Autonomie: Der Sterbewunsch muss selbstverständlich auf der eigenen, inneren Überzeugung der sterbewilligen Person beruhen. Er darf nicht von Dritten beeinflusst worden sein, insb. wenn diese damit Eigeninteressen (oft finanzieller Natur) verfolgen.
  • Wohlerwogenheit: Die Entscheidung über den Suizid muss in Kenntnis und unter ernsthafter Erwägung möglicher Alternativen (z.B. palliativmedizinische Behandlung) erfolgen. Dieses Kriterium kann durch ärztliche Beratungen oder Aufklärungsgespräche nachgewiesen werden.
  • Dokumentation: Hinzu kommen die Dokumente, die für die Abgabe des rezeptpflichtigen Sterbemittels erforderlich sind. Dabei handelt es sich um ein aktuelles ärztliches Diagnoseschreiben, die Bestätigung der Urteilsfähigkeit durch einen Arzt, sowie ein ärztliches Rezept für ein Sterbemittel wie Natrium-Pentobarbital.
  • Tatherrschaft: Wie bereits oben ausgeführt, muss die sterbewillige Person die Tötungshandlung eigenhändig ausführen; eine dritte Person, die dies für sie tut, würde sich strafbar machen. Die Suizidhilfe ist daher nicht oder nur sehr eingeschränkt zugänglich für Personen, die im Koma liegen oder am ganzen Körper gelähmt sind.

Diese Anforderungen bilden das von der Rechtsprechung geforderte Minimum. Diverse Organisationen, die sterbewillige Personen unterstützen, sehen in ihren Statuten oder Reglementen weitergehende Voraussetzungen vor. Die grössten und bedeutendsten Organisationen in der Schweiz sind die Vereine EXIT und DIGNITAS. Sie begleiten und unterstützen ihre Mitglieder auf deren expliziten Wunsch hin (i.d.R. in Form eines schriftlichen Antrags, u.U. mit einer persönlichen Begründung) zu einem selbstbestimmten Lebensende.

So umschreibt etwa EXIT die zusätzlichen Voraussetzungen für die Freitodbegleitung wie folgt: «…bei zum Tod führender Erkrankung; subjektiv unerträglichen Beschwerden; unzumutbarer Behinderung; Leiden in und am Alter, dabei soll auch den psychosozialen Aspekten gebührend Rechnung getragen werden». Das rezeptpflichtige Sterbemittel wird nicht einfach zur freien Verfügung abgegeben, sondern erst an einem spezifizierten Termin zur begleiteten Einnahme übergeben. Schliesslich gilt das Prinzip der Alterspriorität: Langjährige Vereinsmitglieder werden gegenüber Neueintretenden oder Nichtmitgliedern bevorzugt behandelt.

Was kosten die Massnahmen der Suizidhilfe?

Die Kostenrechnung beim assistierten Suizid ist ein komplexes Thema. Eine wichtige Schranke ergibt sich aber bereits aus dem oben erwähnten Art. 115 StGB: Da Suizidbeihilfe aus «selbstsüchtigen Beweggründen», wozu auch Gewinnorientierung zählt, verboten ist, müssen Suizidhilfeorganisationen in der Schweiz gemeinnützig operieren. Sie dürfen mit ihrer Tätigkeit keine wesentlichen, über die nachhaltige Finanzierung ihres Angebots hinausgehenden Profite erzielen.

Im Allgemeinen müssen Sie, je nach Berechnungsweise bzw. Umfang der eingerechneten Leistungen mit Kosten in einem höheren vierstelligen Frankenbetrag rechnen. Ein Grossteil der Kosten entsteht durch den Dokumentationsaufwand, der durch die oben erwähnten schriftlichen Unterlagen und Begutachtungen entsteht. Zudem müssen die Organisationen ihre eigenen Kosten (Lohn für festangestelltes Personal, Miete von Vereinsräumlichkeiten, Öffentlichkeitsarbeit etc.) decken können.

  • Bei EXIT richten sich die Kosten nach der Dauer der Vereinsmitgliedschaft: Die Jahresmitgliedschaftsgebühr beträgt CHF 45; eine Mitgliedschaft auf Lebenszeit kostet CHF 1’100. Die minimale Mitgliedschaftsdauer für eine kostenlose Freitodbegleitung beträgt drei Jahre. Bei kürzerer Mitgliedschaftsdauer verrechnet die Organisation eine Kostenbeteiligung zwischen CHF 1’100 und CHF 3’700. In der Vollkostenrechnung beläuft sich ein Freitod mit EXIT laut Geschäftsführer Bernhard Sutter auf über CHF 7’000 (siehe dazu das Blick.ch-Interview vom 08.06.2023). Bei EXIT werden allerdings nur Personen mit Staatsbürgerschaft oder Wohnsitz in der Schweiz begleitet.
  • Der Verein DIGNITAS sieht eine einmalige Eintrittsgebühr von CHF 220.- vor; die minimale Jahresmitgliedschaftgebühr beträgt normalerweise CHF 80.-. Die Organisation gibt auf ihrer Website detailliert Auskunft über die im Zusammenhang mit der Freitodbegleitung anfallenden Kosten und besonderen Mitgliedsgebühren: Für unverbindliche Vorabklärungen werden demnach CHF 4’000.– in Rechnung gestellt. Zwei Arztgespräche und die Aufwendungen für die Ausstellungen eines Rezepts für ein Sterbemittel belaufen sich auf CHF 1’000.–.  Auf Personalkosten für die Freitodbegleitung an sich entfallen CHF 2’500.–. Erbringt DIGNITAS fakultative Bestattungsleistungen, so stellt sie dafür weitere CHF 2’500.– in Rechnung, für Behördengänge CHF 1’000.–. Somit veranschlagt DIGNITAS total CHF 11’000.–, wenn auch die Bestattungsfragen regelt werden, und total CHF 7’500.–, wenn diese entfallen. Ermässigungen sind in begründeten Einzelfällen nach Vereinbarung möglich.
  • Im Fall der Organisation Eternal Spirit wurden die Kosten für sterbewillige Personen aus dem Ausland wie folgt aufgeschlüsselt: «Vorprüfungsverfahren: CHF 1’500 bis 3’000; Hauptprüfungsverfahren, medizinische Begutachtung, Suizidbegleitung: CHF 3’240; Bestattung: CHF 2’800 = Total: CHF 9’040» (lesen Sie zu diesen Kostenrechnungen den Beitrag «3500 oder 10’000 Franken – wie viel Kosten verursacht ein begleiteter Freitod wirklich?» auf watson.ch)

Bei diesen Beträgen nicht eingerechnet sind allfällige individuelle Anreisekosten für Personen aus dem Ausland, welche die Suizidhilfe in der Schweiz in Anspruch nehmen möchten.

Wer bezahlt die Kosten für Suizidhilfe?

Die Organisationen, die in der Schweiz Freitodbegleitung und Suizidhilfe anbieten, decken ihre Kosten grösstenteils aus den oben erwähnten Mitgliedschaftsgebühren, teilweise auch aus Spenden oder privaten Fördergeldern. Ihre Finanzierungsmodelle nehmen bewusst Abstand von «Geschäftemacherei» und sind daher auf längerfristige Mitgliedschaften aufgebaut.

Zum jetzigen Zeitpunkt werden Kosten der Suizidhilfe in der Schweiz nicht durch Sozialversicherungen übernommen. Sie sind weder im Leistungsumfang der obligatorischen Krankenversicherung enthalten, noch werden die Kosten durch die Unfallversicherung getragen, wenn die Person den Tod selbst herbeigeführt hat. Warum ist das so? Diese Versicherungen haben immer eine therapeutische oder palliative Zielsetzung. D.h. sie zielen darauf ab, medizinische Behandlungen zur Erhaltung, Verlängerung und Verbesserung des Lebens zu vergüten, und nicht solche Massnahmen, die das Leben beenden.

Da deshalb die Gebühren, die für eine Freitodbegleitung anfallen, insb. für kranke oder gesundheitlich schwache Personen schwer erschwinglich sein können, bieten viele Organisationen einzelfallbezogene Ermässigungen nach Vereinbarung an. Daher ist bei Finanzierungsproblemen zu empfehlen, an die Organisationen heranzutreten sowie die persönliche und wirtschaftliche Lage zu schildern. Da es sich um gemeinnützige Organisationen handelt, besteht in begründeten Fällen oft eine gewisse Bereitschaft, individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen.

Weitere Beiträge zu diesem Thema

2 Antworten auf „Was kostet Suizidhilfe und wer bezahlt sie?“

Ich möchte einen assistieren Suizid, bin urteilsfähig resp. bereit, die Urteilsfähigkeit von einem Arzt beglaubigen zu lassen, bin mittellos (AHV/EL). An wen muss ich mich wenden?

DeinAdieu sagt:

Sehr geehrter Herr Bührer
Wir empfehlen Ihnen, eine der in diesem Beitrag erwähnten Organisationen zu kontaktieren (Exit Dignitas, Eternal Spirit).
Freundliche Grüsse
Ihr DeinAdieu Team

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert