Kerstin Schlagenhauf, Mutter zweier erwachsener Töchter, hat einen ungewöhnlichen Beruf. Sie empfängt auf dem Zürcher Friedhofsamt Angehörige von Verstorbenen, oder sie berät Menschen, die sich Gedanken über den Tod machen und sich für «das Sterben in Zürich» interessieren. Zusätzlich richtet sie, wenn gewünscht, Verstorbene kosmetisch wieder her.
Schminken nach einem Foto des Verstorbenen
Die gelernte Visagistin erklärt, was das heisst, was abläuft: «Zuerst desinfiziere ich Verstorbene, schaue darauf, dass Mund, Augen geschlossen sind. Ich wasche, wenn nötig, den Verstorbenen die Haare. Kaschiere Hautverfärbungen mit Schminke, je nach Wunsch schminke ich den Damen Augen und Lippen, lackiere Nägel. Für das optimale Resultat benötige ich von den Angehörigen ein Foto des Verstorbenen, der Verstorbenen. Das hilft mir beim optimalen Herrichten. Denn schon die falsche Lage des Scheitels oder der Fransen kann das Bild verfälschen. Anschliessend kontrolliere ich die Lage, die Haltung sowie die Sauberkeit des Verstorbenen im Sarg.
Mein Wunsch ist, den Angehörigen ein schönes letztes Bild des geliebten Menschens zu hinterlassen. Nicht nur der erste Eindruck auch der Letzte bleibt»
Niemand kann die Wege des Schicksals verstehen
Den Anblick eines toten Menschen macht Kerstin Schlagenhauf nichts aus. «Ich wuchs in einer Familie auf, wo die Gespräche rund ums Sterben, rund um den Tod allgegenwärtig waren. Oft ging ich mit meiner Oma auf den Friedhof. Wohl darum hatte ich keine Berührungsängste, als Freiwillige Menschen in den Tod zu begleiten.» Trotz allem gibt es Momente, wo es auch für die erfahrene Frau schwierig ist, zu verstehen, warum das Schicksal gerade diesen jungen Menschen dahinraffte. «Dann bin ich froh, kann ich es abends mit meinem Mann besprechen, oder im Team darüber reden.»
Der Trauerschmerz hört nie ganz auf
Schöne Momente sind es jeweils, wenn sich Angehörige bedanken für die Arbeit der Visagistin. «Letzthin sagten mir Eltern, dass sie gemeint hätten, ihre Tochter würde noch atmen.» Kerstin Schlagenhauf strahlt viel Herzlichkeit aus und sie verfügt über eine Menge Empathie, Einfühlungsvermögen also. «Da kam eine Dame zu mir und wollte wissen, wie lange denn so ein Trauerschmerz anhalten würde. Nun, ich erklärte ihr, es sei wie nach einer Operation. Dann tue die Wunde weh, aber sie wachse zu. Bei den einen schneller, bei den anderen langsamer, aber die Schmerzen würden nachlassen. Zurück bliebe eine Narbe die bei gewissen Situationen immer wieder aber immer weniger Schmerzen auslösen könne. Die Narbe würde nie ganz verschwinden. So in etwa ist es beim Trauerschmerz.»
«Ich habe gelernt, den Moment zu geniessen»
Zum Schluss will der Autor wissen, was sich denn im Leben verändert, wenn jemand einen Job auf dem Friedhofsamt hat? Wenn jemand täglich Trauernde empfängt, ihnen zuhört, sie berät. Sie tröstet. Kerstin Schlagenhauf lächelt leicht, schweigt einen Augenblick und sagt dann: «Ich habe gelernt, den Moment zu geniessen. Auch wenn es nicht immer gelingt, versuche,ich mich nicht bei Dingen aufzuregen, die ich nicht ändern kann. Ich weiss, alles ist vergänglich und es gibt viel Schlimmeres als mir bisher widerfahren ist. Ja. Ich bin dankbar, dass es meiner Familie und mir so gut geht.»
Interview: Martin Schuppli/Fotos: Bruno Torricelli/Paolo Foschini
Stadt Zürich
Bestattungs- und Friedhofamt
Stadthausquai 17, Stadthaus, 8001 Zürich
Tel. +41 44 412 31 78 | Fax +41 44 212 06 90
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18 Antworten auf „«Eine Tote soll hübsch aussehen. Wie friedlich schlafend.»“
Dies wäre mein Traumberuf ?
Sehr guet geschrieben! Alle Achtung Kerstin dass Sie das so liebevoll machen? sie sind eine sehr sympathische, strahlende Frau??
Das ist ein wunderschöner Kommentar. Er versüsst dem Schreiber den Wochenstart. Ihnen liebe Jacqueline Broggi alles Gute. Herzlich Martin Schuppli
Danke Martin, das wünsche ich Ihnen auch! Der Tod gehört nun mal zum Leben, zu sehen, kenne auch eine Bestatterin sehr gut, wie eürdevoll ihr damit umgeht ist sehr beruigend!
Wer ist diese Frau? Ich bin immer auf der Suche nach Geschichten.
DeinAdieu sie heisst Franziska Reich und arbeitet in Zürich beim Bestattungsamt, wie Kerstin. Sie macht ihre Arbeit mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen. Eine tolle, junge Frau!
Entschuldigung, dass ich so lang mit der Antwort zuwartete. Ich sah ihre Message nicht. Da wir schon über eine junge Zürcher Bestatterin berichteten, muss ich mit der nächsten Zürcher Geschichte etwas zuwarten.
danke jacqueline broggi,
Einen wunderbaren job!
Muss ich unbedingt im tod besser aussehen als in meinem leben ? Nö , glaube ich nicht! Neuer geschäftszweig ?
Gute, sinnvolle Dienstleistung. Ich würde das jedoch bei meinen nächsten Angehörigen gerne wieder selbst an die Hand nehmen. Habe meine Mami geschminkt, als ich sie zu Hause im Sterben begleitete, sehr natürlich, mit ihren Schminksachen. Ich wusste, dass sie das so gewollt hat. Und das war gut so.
ich möchte meine arbeit kurz erklären. die verstorbenen werden nach wunsch der angehörigen hergerichtet. es gibt situationen, dass bei dem verstorbenen die zersetzung schon eingesetzt hat und diese nach wetter (wärme) oder je nach krankheitsbild und medikamente sich beschleunigt – oder unfallopfer. da können doch bilder entstehen, welche für angehörigen nicht unbedingt schön sind. mit spezieller kosmetik wird abgedeckt. bei damen, welche sich zu lebzeiten geschminkt haben, wird die dekorativkosmetik angewendet. (nach einem bild der verstorbenen) ich unterstütze die angehörigen, die aus welchen gründen auch immer, nicht fähig sind, dies zu übernehmen. ich finde es wunderschön, wenn es angehörige selber übernehmen (können) , was wir/ich auch unterstützen. herzlichst kerstin schlagenhauf
Respekt??
Eine wunderbare Aufgabe, die einem so viel gute Lebenserfahrung bringt. Genau solche Leute brauchen wir.?
danke?
Respect …. ??
Ich finde das ganz toll von dir was du Beruflich machst!!
danke liebe anita.