«Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als sich die meisten von uns vorstellen können.» Petra Vocat, Medium, Riehen BS
Der Tod ihres Kindes ist für eine Mutter, für einen Vater, für Eltern, für Geschwister schwer zu verarbeiten. Eine grosse Hilflosigkeit breitet sich aus. Tausende Fragen schiessen Betroffenen durch den Kopf. Ängste plagen einen. Verzweiflung macht sich breit, vielleicht kommt Wut auf. Gut möglich, dass Betroffene vorübergehend handlungsunfähig sind. Sich verkriechen, die Lebensfähigkeit verlieren, Hilfe brauchen.
Wo jemand Hilfe findet in einem solchen Moment, ist unterschiedlich. Die einen reden mit einem Pfarrer, einer Pfarrerin. Andere wenden sich an Ärztinnen, Ärzte. An Therapeuten, Psychologinnen, oder sie tauschen sich in einer Selbsthilfegruppe mit anderen Betroffenen aus. Lernen dort ein Medium kennen.
Das kann zum Beispiel in einer Gruppe der JasminaSoraya Foundation von Sabine Shah sein. Die Baslerin verlor ihre Tochter Jasmina Soraya. Ihr «Sternenkind», wurde nur neun Monate alt. Es verstarb am Montag, 3. Februar 2014, aufgrund einer lebensbedrohlichen Muskelerkrankung.
In der Stille die verstorbenen Liebsten finden
Damals gab ihr ein befreundetes Medium, Herbert K., die Bestätigung, dass «stimme, was sie gespürt habe. «Meiner Jasmina Soraya geht es gut, sie ist mir ganz nahe», sagt Sabine Shah. «Es war für mich ein Meilenstein. Ich erlebte einen tiefen Frieden, eine Dankbarkeit. Meine kleine Jasmina Soraya bringt mich weiter. Sie hilft mir, zu lernen, dass es mehr gibt, als alles, was wir sehen. Wir müssen in die Stille kommen, und dann die verstorbenen Liebsten in uns finden.»
Szenenwechsel. Interview in Gränichen AG mit Petra Vocat, mittlerweile eine gute Freundin von Sabine Shah. Die 48-Jährige verfügt über mediale Fähigkeiten. Ausgebildet in der Schweiz bei Pascal Voggenhuber und Arlette Widmer. Zudem bildet sie sich laufend weiter bei Gordon Smith, Sheila French sowie Colin Bates und anderen anerkannten Medien aus England.
Das Medium unterstützt Menschen
Die grossgewachsene Frau mit dem deutschen Akzent sitzt dem Autor vis-à-vis am Betontisch in der Schreibstube. Erklärt, was nun geschehen werde. Petra Vocat bietet Interessierten die Möglichkeit, mit für sie wichtigen Menschen im Jenseits in Kontakt zu treten. Das kann helfen bei der Verarbeitung von Trauer. Das Medium unterstützt Menschen bei dieser Verarbeitung und übermittelt, wenn möglich, eine für die Betroffenen bestimmte Botschaft.
Den Autor schauderts. Als Journalist und Chronist ist es normal, neugierig zu sein. Da gehört es dazu, vieles zu hinterfragen. Kritisch zu sein. Vorurteile abzubauen. Aber in die Esoterikecke lässt sich unsereins nicht drängen.
Diese Bedenken irritieren Petra Vocat nicht. Sie versucht, kritischen Zeitgenossen genauso zu helfen wie ihren aufgeschlossenen Klienten. Beim Wort «Esoterikecke» schmunzelt sie.
Das Medium, im Hauptberuf verantwortlich fürs Datenmanagement in einem grossen Basler Spital, informiert den Autor weiter. «Eine Garantie, dass sich die gewünschte Person meldet, kann ich nicht geben. Es zeigt sich die Person, die ich wahrnehmen kann», sagt sie. Petra Vocat bittet, mich nicht auf bestimmte Botschaften zu fixieren. Sie sagt, manchmal seien gewisse Aussagen nicht so klar, wie wir es uns wünschen. Und noch etwas betont sie: «Die Botschaften und Wahrnehmungen mögen für Aussenstehende unspektakulär sein, alles andere als komplex und aussergewöhnlich. Im Gegenteil: für Betroffene sind sie in den meisten Fällen wichtige Hinweise. Klare Beweise, Aussagen, die dankbar ankommen.»
Es gibt ein Leben nach dem Tod
Was denn Jenseitskontakte sollen, fragt der Autor. «Sie dienen Menschen dazu, die Heilung in der Trauer zu unterstützen, und sie geben ihnen die Gewissheit: ‹Es gibt ein Leben nach dem Tod!›»
Nun, diese Gewissheit muss dem Autor niemand beweisen, davon ist er seit Jahren überzeugt.
Szenenwechsel. Basel. Bei Petra Vocat zu Hause trifft der Autor Ilka, 55, aus dem grenznahem Deutschland: Sie nahm vor gut zwei Jahren erstmals die Hilfe des Mediums in Anspruch.
Ilka und ihr Mann sind seit 30 Jahren glücklich verheiratet, sind Eltern von zwei Töchtern. Jule ist 24 Jahre alt, Lena hätte am 3. September 2016 ihren 29. Geburtstag feiern können.
Hätte. Die lebensfrohe junge Frau starb bei einem Autounfall am Donnerstag, 24. Oktober 2013.
Ilka sitzt dem Autor gegenüber, Tränen laufen ihr übers Gesicht. Petra legt ihr tröstend die Hand auf die Schulter, reicht Papiertaschentücher.
«Kurz bevor Lena zur Arbeit fuhr, telefonierten wir noch», sagt Ilka: «Sie sagte: ‹Mama, ich habe dich lieb.› Und auch ich sagte meiner Lena, wie sehr lieb ich sie habe. Das war unser letztes Gespräch.»
Beim Unfall Tochter und Schwester verloren
Nachts um halb eins klingelten Polizisten an der Haustüre des Ehepaares. Zwölf Stunden nach dem Unfall. «Da kursierten im Internet bereits Bilder des zerstörten Autos und der Hergang war detailliert beschrieben.»
Mit Lenas Tod verloren Roland und Ilka ihre älteste Tochter. Und Jule verlor ihre Schwester. «Sie waren Freundinnen, machten zusammen Ferien, hatten viele Pläne. Im Gegensatz zu Lena ist Jule eher ruhig. Lena setzte sich für Jule ein, beschützte sie, nahm sie, wenn nötig, bei der Hand.» Und dieses innige Verhältnis existierte plötzlich nicht mehr.
Ilka schluchzt, erzählt weiter: «Wir drei sind einfach durch die Nacht gelaufen ohne Ziel, aber auf der Suche nach unserer Lena. Irgendwann waren wir bei meiner Mutter. Sie wusste sofort was passiert war.» Der Autor spürt, diese Geschichte zu erzählen, tut Ilka einfach nur weh. Es ist klar, da ist eine Wunde, die nicht heilen kann. Ilka räuspert sich, schneuzt die Nase, trocknet die Tränen und erzählt weiter: «In der ersten Zeit haben wir immer gehofft, dass alles nicht wahr ist, ein böser Traum aus dem man erwacht».
Lena liess mich spüren: «Mama, du darfst gehen»
Die Familie musste kämpfen, damit sie ihre Lena sehen konnten. «Freunde haben es irgendwie geschafft, die zuständige Staatsanwältin zu erreichen. Und nach zwei sehr intensiven Gesprächen konnten wir unsere Lena spät am Freitagabend endlich sehen. Wir spürten alle, wie sehr Lena auf uns gewartet hat. Endlich konnte ich sie berühren, bei ihr sein». Die Mama brachte Lenas Kuscheltier aus Kindheitstagen und einen langen Brief. Der Papa das Hemd, das Lena so an ihm gemocht hatte, die Schwester brachte Muscheln mit. «Ein paar von Lenas wunderschönen rötlichen Haaren haben wir mitgenommen, jeder von uns trägt sie in einem Medaillon bei sich. Einen langen Moment durfte ich mit meiner Lena, meiner Tochter alleine sein. Das war sehr, sehr wichtig für mich. Ich und mein Kind. Irgendwann hat sie mich spüren lassen ‹Mama, du darfst gehen›.»
Grosser Schmerz und tiefe Leere
Ilka macht eine kurze Pause. Atmet durch und erzählt weiter: «Und dann kam der Tag der Beerdigung. So viele Gesichter, so viele Menschen. Menschen, die Lena begleitet haben. Ihre Freunde waren da. Freunde aus der Kindheit, Lehrer, Wegbegleiter für eine gewisse Zeit und wir, ihre Familie. Ein schwerer, gewichtiger Tag, der uns allen so unbarmherzig deutlich gemacht hat, dass Lena nie mehr nach Hause kommen wird. Die Wochen danach verliefen wie unter einer Glasglocke. Zeitversetzt. Und immer wieder ging mir die Frage durch den Kopf: ‹Will, ja, kann ich an dieses Leben je wieder andocken mit diesem grossen Schmerz, dieser tiefen Leere›.»
Wieder schweigt Ilka kurz. Sie blickt zur Decke, ihre Augen sind von Trauer umwölkt. «Jeder von uns dreien versuchte, den anderen zu schonen. Wir beobachteten uns gegenseitig, immer in Angst, dass der andere vom Schmerz ‹überrollt› wird. Ich hatte einen Termin bei einem Trauer-Psychologen, er meinte ‹wo so viel Liebe ist, braucht es sehr viel Zeit›.» Ilka besucht eine Trauergruppe für Frauen. Ihr Ehemann eine für Männer. Solche Trauergruppen sind «Schutzräume», hier kann jeder sein mit all seiner Trauer, seinem Schmerz und all seinen Erinnerungen und Hoffnungen.
Das Medium hilft, die Trauer zu verarbeiten
«Mit religiösen Fragen und Themen wie Reinkarnation setze ich mich schon seit vielen Jahren auseinander», sagt Ilka. «Viele Bücher zu diesem Themenfeld stehen bei uns zu Hause. Und vor gut drei Jahren brachte mir meine Schwester ein Buch von Pascal Voggenhuber, dem derzeit wohl berühmtesten Schweizer Medium. Die erste Reaktion war – nein. Nein, keine weiteren Trauerbücher, keine weiteren Ratschläge, davon wurden wir ‹überschwemmt›. Aber irgendwann habe ich angefangen zu lesen.» Für Ilka hat sich damit eine weitere Möglichkeit ergeben, die Trauer zu verarbeiten. Die Möglichkeit, ein Medium zu treffen, hier, ganz in ihrer Nähe. Nach langem Überlegen vereinbarte sie einen Termin – nicht bei Pascal Voggenhuber, sondern bei Petra Vocat.
Am Morgen des vereinbarten Termins sass Ilka im Garten. Ein kleines Ritual, einen Moment der Stille, um Lena nahe zu sein und sich auf den Tag «vorzubereiten». «Lena hat sich immer einen alten VW-Bus gewünscht und dieses Bild, das Bild meines Mädchens mit offenen Haaren, lauter Musik und vielen Glückbringern am Spiegel hatte ich vor Augen, als ein alter VW-Bus zweimal an unserem Haus vorbeigefahren ist. Da ‹wusste› ich, dass Lena mich abholt, mich zum Termin bei Petra begleitet». Jetzt strahlt Ilka. Was nun folgt sind tröstliche Momente, hilfreiche Augenblicke.
Petra Vocat «weiss» Besonderheiten von Lena
Ilka erzählt: «Petra begrüsste mich sehr herzlich und erklärte mir mit ruhiger Stimme und verständlichen Worten, wie so eine Sitzung abläuft. Sie sagte mir, dass es um meine Tochter gehe. Und schon liefen die Tränen. Petra hat mich nur gebeten, ihr den Namen sowie das Alter meiner Tochter zu sagen. Und dann begann das Medium, alias Petra Vocat, zu reden. Sie, respektive Lena, erzählte vom Tag der Beerdigung, Lena sagte, es sei ein spektakulärer Tag gewesen. Das Medium schilderte mir viele Informationen und Besonderheiten aus Lenas Leben aus dem Leben der Familie. Details die sie nicht ‹wissen› konnte. Ilka erinnert sich, wie wenn es gestern gewesen wäre: Petra hat von Lenas langen, rötlichen Haaren gesprochen, hat erzählt, dass Lena gerne tanzt. Petra sprach von einem Helm … kurz vor dem Unfall hatte Roland Geburtstag, die Mädels hatten ihm einen Helm geschenkt. Lena hat in den Helm geschrieben «Papa hüte dein Haupt». Auch von einer Tätowierung und einem Piercing hat Petra erzählt … Jule hat sich das Piercing stechen lassen, das Lena machen wollte. Ich hab ein kleines Tattoo – Lenas letzte Unterschrift … Während der Sitzung entwickelte sich ein Gefühl, ein inneres Spüren, dass es meiner Lena gut geht. Ich wusste plötzlich, dass sie weder einsam noch traurig ist. Was Petra mir erzählte, war Lena pur … Sie schilderte mir ihren Charakter, ihr Temperament, erzählte aus ihrem viel zu kurzen Leben. Aus dem Leben meiner Tochter.»
Die Sitzung damals dauerte länger als sie hier beschrieben ist. Für Ilka war es ein grosses Geschenk. «Tiefe, bleischwere Dunkelheit legt sich über einen, über Herz und Seele, wenn man ein Kind verliert und Petra schenkte mir ein kleines Licht. Ein Funken Heilung für die tieftraurige Seele. Es war, als könnte ich endlich wieder atmen». Die Sitzung zog Kreise, sie tat Tochter Jule und auch Ehemann Roland gut.
Ein Dank aus der geistigen Welt
Szenenwechsel. Zurück zum Interview am Betontisch des Autors. Es endete mit grossem Erstaunen. Die Vorurteile sind Geschichte. Petra Vocat erzählt dem Schreibenden, wie sich eine verstorbene Freundin bedanken möchte, für die langen Spaziergänge am Wasser, für die unzähligen Autofahrten über die Insel im Atlantik sowie über unendlich viele Gespräche am Feuer. Der Autor staunte. Wie konnte Petra Vocat das wissen. Sie muss es gespürt haben, in der geistigen Welt erfahren.
Und zum Schluss äussert das Medium den Wunsch, die Verstorbene freue sich, wenn der Zurückgebliebene für sie einmal noch ein grosses Feuer machen würde.
Da geschah Unfassbares. Als Petra Vocat die mächtige Feuerschale im Garten des Autors erblickte, entwickelte sie eine unheimliche Hühnerhaut. Alle Haare auf den Armen stellten sich auf.
Medium und Autor schauten sich das an, umarmten sich, lachten.
Unberechenbarer Schmerz
Szenenwechsel. Zurück nach Basel zu Ilka. Sie sagte zum Schluss des Gesprächs: «Traurigkeit und Schmerz sind zu meinen ständigen Begleitern geworden. Die Traurigkeit hat mich Vieles gelehrt. Etwa, genauer hinzusehen, tiefer zuzuhören, den Kleinigkeiten der Natur und des Lebens Aufmerksamkeit zu schenken. Der Schmerz ist ein unberechenbarer, launischer Kerl, unverhofft fällt er mit aller Kraft über einen her. Ich habe eine Menge gelernt und dabei hat Petra viel geholfen, ab und an zu erkennen, wenn der Schmerz Anlauf nimmt. Jetzt gelingt es mir hin und wieder, ihm die Türe vor der Nase zu zuschlagen. Und da ist noch die kleine Schwester der Traurigkeit, die leise, schüchterne Fröhlichkeit. Sie war lange krank, vielleicht geht es ihr mit der Zeit wieder besser.»
Text + Bearbeitung: Martin Schuppli | Foto: zVg
Petra Vocat
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Schweizerische Kompetenzzentrum für nachhaltige Unterstützung beim Tod eines Kindes in der Schwangerschaft, während der Geburt und im ersten Lebensmonat.
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So berichtete der Beobachter über «Reden mit Toten»
Lesen Sie hier, was Dr. med. Alois Birbaumer über die Arbeit eines Mediums denkt.
DeinAdieu berichtete über den Tod von Kindern
10. Juni 2016: Abschiedsfeier für totgeborene Kinder
8. Juli 2016: Kindstod: Fabien lebte nur 62 Tage
15. Juli 2016: «Kindsverlust ist eine Chance»
12. August 2016: Kindesverlust: Behandelt das verstorbene Kind mit Würde
26. August 2016: «Wir sollten schwerkranke Kinder einbeziehen ins Gespräch über den Tod»
Eine Antwort auf „Medium Petra Vocat vermittelt Hilfe aus der geistigen Welt“
Verena Trierweiler Lorena Zelger