Ein tolles Stück Leben: Als die St. Galler-Oberländerin Renate Marthy (59) ihre Krebsdiagnose erhielt, betrug ihre Chance, zu überleben, nur noch wenige Prozent. Die gelernte Pflegefachfrau mobilisierte allen Lebensmut, aktivierte ihre Selbstheilungskräfte und packte die kleine Chance. In ihren eigenen Worten schildert sie ihren Weg zur Gesundheit.
Renate Marthy: Die Geschichte meiner Heilung
Mit diesem Schritt in die Öffentlichkeit möchte ich Menschen ermutigen, sogar bei fast aussichtslosen Krankheitsgeschichten der eigenen Intuition zu folgen, ihre Krankheit anzunehmen, sich den Lebensthemen zu stellen und das Dasein trotzdem zu geniessen. Ich möchte Menschen inspirieren, hinter die Fassaden des Lebens zu blicken und sich in Liebe anzunehmen.
Die Krebsdiagnose: Ein Schock für uns alle
Am 12. April 2016 entdeckte meine Frauenärztin einen monströsen Tumor in meinem Bauch, und auf dem Laborbefund sah ich die Zahl 13 800. Das war die Anzahl Tumormarker. In der Regel finden sich im Blut von angeblich gesunden Menschen keine oder höchstens 30 dieser Krebsmarker. Die Zahl von 13 800 hat mich umgehauen. Die Diagnose: Seröses Adenokarzinom des Eileiters. Mein Körper war bereits voller Krebsgeschwüre.
Angst und Zuversicht vor der Operation
Das Vorbereitungsgespräch bei der operierenden Ärztin erlebte ich als aufschlussreich, ehrlich und positiv. Ich konnte die Hälfte meiner Angst gleich loslassen. Dieser Frau vertraute ich. Eine ideale Ausgangslage. Ich konnte die Operation in Gedanken positiv angehen. Trat eine Woche später nicht nur mit viel Angst ins Spital Grabs ein, sondern ebenso mit Zuversicht.
In sieben Stunden Operation attackierte das Team so viel Tumorgewebe wie möglich. Mein Bauch war voll davon. Die Chirurgin entfernte die Lymphknoten und das Bauchfell, ein Stück des Dünndarms, einen Teil der Blase. Sie operierte Milz, Eileiter und Eierstöcke raus sowie die Gebärmutter. Zwei Metastasen in der Leber konnte die Ärztin wegen ihrer schwierigen Lage nicht erreichen, zu nahe lagen sie an Hauptschlagader und Zwerchfell.
Das Team um meine Ärztin hatte super Arbeit geleistet. Sie machte alles, was möglich war und mich nicht in Lebensgefahr brachte.
Rehabilitationsphase: Ich schickte mir Licht
Eine Woche dauerte es, bis ich es selbstständig vom Bett zum Lavabo schaffte. Immer wieder wurde mir schwindlig. Beine und Körper waren zu schwach, um aufzustehen. Im Bett jedoch fühlte ich mich gut. Von irgendwoher erhielt ich eine Kraft, vorwärts zu schauen und positiv zu bleiben.
Oft lag ich da, versuchte auf mich zu hören. Was war zu tun?
Intuitiv schickte ich mir Licht in meinen Bauch und stellte mir vor, wie es mich heilt. Die beiden Tumoren in der Leber visualisierte ich ebenso. Stellte mir vor, wie andere Zellen sie abtragen. Wie die Tumoren kleiner werden. Wenn ich gar nicht mehr weiter wusste, rief ich einfach meine Schutzengel und bat sie um Hilfe. Obwohl ich keinen Bezug zu meinen Engeln hatte, sind sie mir als weisse grosse Lichtgestalten erschienen. Sie geben mir Ruhe, Kraft und neue Energie. Mit Spiritualität beschäftige ich mich seit einigen Jahren, und in dieser Situation lehrte ich bewusst, diese Kräfte zu erkennen, zu nutzen und an sie zu glauben.
Positive Energie gegen Zukunftsängste
Ich versuchte fortwährend, in einer «positiven Energie» zu bleiben und nichts Unangenehmes an mich heran zu lassen. Beispiel: Meine Tochter schickte mir viele Unterlagen zum Thema Eierstockkrebs. Sofort merkte ich, diese Informationen tun mir nicht gut. Ich legte alles weg. Spürte, diese Berichte über Studien, Stadien und Überlebenschancen würden sich in meinem Hirn festsetzen. Dann hätte ich Mühe, in der positiven Energie zu bleiben. Zukunftsängste plagten mich. Ich spürte, wie dann alles in meinem Körper angespannt wäre. Mir war klar: Angst soll meine Zellen nicht blockieren. Alles soll im Fluss bleiben.
«Es ist wichtig, zu merken, wer einen trägt»
Ich verstand, es nützt nichts, in der Angst zu leben, egal wies kommt. Die Angst ist ein schlechter Begleiter. Sogar wenn sich die Krankheitssituation verschlimmern würde, hätte ich wenigstens bis dahin eine gute Lebensenergie gehabt sowie eine positive Zeit. «Leben im Jetzt», ein Thema, mit dem ich mich schon lange beschäftige. Jetzt konnte ich es üben.
Mit dem Katheter in der Handtasche verliess ich nach zwei Wochen das Spital. Ich wusste schnell, ich möchte nach Hause zu meinem Mann. Zuhause empfing ich Besuche und schätzte das riesig. Es ist unendlich wichtig, in einer solchen Situation von verschiedensten Menschen getragen zu werden.
Jeden Tag versuchte ich einige Schritte mehr zu gehen. Zuerst schaffte ich nur etwa 200 Meter – und das mit Stöcken. Mit der Zeit ging es, im wahrsten Sinn, immer besser. Nach fünf Wochen fuhren mein Mann Martin und ich in die Wellnessferien. Er trainierte mit mir, bis ich 8000 Schritte schaffte. Ich bin ihm sehr dankbar für all seine Unterstützung.
Meine Ängste «klopfte» ich weg
All meine Ängste hatte ich von Anfang an mit Emotional Freedom Techniques EFT weggeklopft und bearbeitet. EFT ist eine psychologische Form der Akupunktur. Ich hatte sie gelernt in der Ausbildung zur psychologischen Beraterin. Jetzt konnte ich die Methode anwenden. Und es entwickelte sich wunderbar.
Beim EFT klopft man verschiedene Punkte ab im Gesicht, am Körper und benennt dazu Themen, die im Moment anstehen. Ich sagte mir etwa: «Obwohl ich diesen Tumor im Körper habe, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz». Diesen Satz konnte ich anfänglich nicht laut sagen. Für mich ists eine einfache Methode, um Ängste abzubauen. Entstanden ist EFT aus einer Kombination von Kinesiologie und Akupunktur. Oft habe ich gar nicht geklopft, sondern einfach diese Sätze in Gedanken aufgesagt.
Zum Thema Angst empfahl mir eine Krebsliga-Therapeutin: «Lassen Sie sie zu.» Die Angst komme in solchen Situationen immer wieder zum Vorschein, sagte sie. Angst komme in Wellenbewegungen, und wenn man die kleinen Wellen nicht verdränge, gäbe es keine grossen, die uns überschwemmen. Angst flacht wieder ab und vergeht. Dieses Wissen hilft uns, sie anzunehmen.
Angst findet in der Zukunft statt und verhindert ein Leben im Jetzt. Das musste ich mir immer wieder bewusst machen.
Die Chemotherapie war meine Chance
Vor dem Therapiestart suchte ich einen Therapeuten auf, dem ich meine Befürchtungen zur Chemotherapie schilderte. Er zeichnete mir kurzerhand eine «durchlässige Zelle» auf und sagte: «Die gesunden Zellen benötigen die Chemotherapie nicht, sie lassen das Gift einfach durch.» Sie wüssten also genau, wie das funktioniere. Für mich eine hilfreiche Vorstellung.
Im Verlauf des Gesprächs sind wir aufs Sterben gekommen. Ich schilderte ihm meine Ängste. Seine Antwort schockte mich. Er sagte: «Du bist gar nicht so wichtig. Schau mal nach draussen. Von den Menschen, die herumlaufen, werden 30 Prozent in 20 Jahren nicht mehr hier sein.»
Ich schluckte leer und mir wurde klar: Ich muss mich dem Thema Tod stellen. Damit wird man als Krankenschwester regelmässig konfrontiert. Gehts um das eigene Sterben, kommt eine neue Komponente hinzu. Ich erinnerte mich an eine Meditation während der Ausbildung zum Coach: Wir mussten uns vorstellen, wir würden sterben. Diese Erfahrung war sehr wertvoll und nahm mir einen Teil der Angst. Ebenso setzten wir uns mit Fragen auseinander, deren Antworten das Sterben erleichtern können. Ich denke, schlussendlich gehts darum, in Frieden mit sich und anderen zu sein. Sich zu akzeptieren mit allen positiven und negativen Anteilen.
Die Chemotherapie war gar nicht so schlimm, da ich von einem hervorragenden Team betreut wurde. Ich erhielt «das Gift» in der onkologischen Praxis von Dr. Greuter in Sargans. Vor dem Termin stellte ich mich jeweils mental darauf ein. Alle Befürchtungen und Bedenken, die mir durch den Kopf gingen, habe ich in Sätzen zusammengefasst und laut oder in Gedanken für mich aufgesagt.
Während dieser Zeit verbrachte ich viel Zeit im Garten, auf Spaziergängen. Ich genoss die Sonne, las viel, traf Freunde und ruhte mich zwischendurch immer wieder aus. Die Nebenwirkungen hielten sich in Grenzen.
Die letzten Chemodosen erhielt ich nicht mehr. Meine Blutwerte waren derart schlecht, mein Körper machte nicht mehr mit.
Lebermetastasen wurden mit bitterer Kälte eliminiert
Sechs Wochen nach der Operation, also beim Start der Chemotherapie, zählte der Onkologe noch 1700 Tumormarker. Die Therapie schlug gut an. Nach elf Einheiten sank der Wert auf 48 und dann immer tiefer. Beruhigend für mich. Die Anzahl Tumormarker hat sich seit dem Ende der Chemotherapie bei acht eingependelt. Das heisst, mein Körper schafft es seit drei Jahren, die Krebszellen selbstständig abzuwehren. Das flösst Respekt ein. Und deshalb bin ich jeden Tag dankbar für meine Gesundheit.
Wie geschrieben, konnte die Chirurgin die beiden Lebermetastasen während der grossen Operation nicht entfernen. Deshalb schlug mir mein Onkologe vor, die Metastasen vereisen zu lassen. Die Kryoablation ist eine Methode, bei der man Tumoren mit Nadeln punktiert und sie anschliessend bei minus 40 Grad Celsius vereist. Abtötet. Das funktionierte.
Ich brauchte diese Sommerzeit, um alles zu verarbeiten und neue Kraft zu tanken. Die «Aussenwelt» hatte für mich eine ganz andere Bedeutung als früher und meine Gedanken waren viel mehr nach innen gerichtet. Bei jeder Ruhepause schaltete sich wie automatisch mein mentales Übungsprogramm ein: Ich formulierte positive Sätze, schickte dem Tumor Licht. Stellte mir vor, wie sich alle Tumorreste entfernen. Wie Zellen verbrennen, sich auflösen, ausgeschwemmt werden. Den kreativen Gedanken waren keine Grenzen gesetzt. Jeden Tag investierte ich viel Zeit in diese mentale Energiearbeit. Mir wurde klar, was Albert Einstein meinte, als er sagte, «das Visualisierungsvermögen ist wichtiger als Wissen.» Ich glaube, diese Visualisierungen sind ein wichtiger Bestandteil meiner Heilung.
Werde Meisterin deines Verstandes
Von einer Kollegin erhielt ich das Buch «Die Älteste» von Thomas Sautner. Es handelt von einer jungen Frau mit einem Hirntumor, die eine Sippenälteste aus dem Volk der Jenischen aufsuchte. Die alte Heilerin wollte ihr zeigen, wie viel mehr im Leben möglich ist, als wir glauben. Das Buch war für mich extrem wichtig. Hier einige Gedanken daraus:
– Ich kann dich nicht heilen. Das kannst nur du selbst.
– Der Krebs ist kein Fremdkörper, sondern ein Teil von dir. Dementsprechend liebevoll sollst du mit ihm umgehen.
– Alles besteht nur aus Energie und Energie vergeht nicht. Deshalb ist das Universum unendlich und zeitlos.
– Der Krebs besteht aus Energie und ist deshalb wandelbar.
Folgende Zeilen hängte ich sogar an den Kühlschrank, um sie immer wieder zu lesen.
«Dein Verstand», sagte die Alte ernst, «kämpft im Moment um die Deutungshoheit in dir. Dein Intellekt argumentiert wider alle Beweise, und dennoch bist du drauf und dran, ihm erneut blind zu folgen. Dasselbe gilt für deine Heilung, gegen die du dich wehrst, weil dein kleiner Egoverstand sie nicht für möglich hält. Dein Verstand ist dein Meister, anstatt du seine Meisterin.»
Es war eine grosse Herausforderung, zur Meisterin meines Verstandes zu werden. Zur Überzeugung zu gelangen, ich werde gesund.
Die kranke Frau musste Johannisöl einreiben, Weihrauch sowie Pilze einnehmen, die die Alte im Wald gesammelt hatte. Kurzerhand bestellte ich diese Mittel und nutze sie immer noch.
Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft
Marie Ebner-Eschenbach
Arbeitsintegration und Jobverlust
Eigentlich wollte ich schon während der Chemotherapie wieder mit Arbeiten beginnen, merkte aber schnell, meine Leistungsfähigkeit war viel zu schwankend. So wartete ich bis nach dem Abschluss der Chemotherapie, bis ich einen Arbeitsversuch startete.
Schwieriger als gedacht entpuppte sich der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt. Ich brauchte Zeit, mich einzuleben. Meine vorherige Leistung erreichte ich nicht mehr. Nach ein paar Stunden arbeiten waren meine Batterien leer, und ich litt unter Konzentrationsstörungen. Schweren Herzens musste ich meine Arbeit als Case Managerin aufgeben.
Das Fatigue-Syndrom entwickelte sich zur zweiten Krankheit
Etwas möchte ich erwähnen. Es ist wichtig, das «Fatigue-Syndrom» zu kennen. Sehr viele Krebspatienten und -patientinnen leiden darunter nach durchlittener Krebserkrankung und Chemotherapie. Das Fatigue-Syndrom erlebte ich wie ein zweites Leiden, das durch das erste ausgelöst wurde. Das Fatigue-Syndrom zeigt sich als andauernde körperliche sowie geistige Erschöpfung in Form von Schwäche und Müdigkeit. Dieser Zustand tritt unabhängig einer Anstrengung auf und verschwindet nicht nach grösseren Ruhepausen. Zudem beeinträchtigt er die normale Funktionsfähigkeit. Diese Erklärung erleichterte es mir sehr, mich mit meiner reduzierten Leistungsfähigkeit abzufinden.
Die erste Zeit ohne Arbeit empfand ich als extrem schwierig. Mir fehlten ein strukturierter Tagesablauf, eine Beschäftigung sowie die sozialen Kontakte. Mittlerweile sind drei Jahre vergangen, und die Ruhe kehrte ein in mein Leben. Ebenso bildete ich neue Glaubenssätze.
– Auch wenn ich nicht arbeite, bin ich wertvoll.
– Ich möchte Ruhe und Frieden finden mit dieser Situation.
– Ich lasse alles Alte los und freue mich auf die Zukunft.
– Ich bin dankbar und zufrieden, gesund zu sein.
Und ich schloss Frieden mit Menschen sowie mit belastenden Situationen. Für mich ein sehr wichtiger Punkt, um loszulassen und Neuem Platz zu schaffen.
Ich probierte verschiedene Therapieformen
Ich wollte einfach alles versuchen, was mir zu einer ganzheitlichen Gesundheit verhelfen konnte und liess mich deshalb ebenso auf mir unbekannte Therapien ein. So nahm ich zum Beispiel an Atemsitzungen teil, die mein Nachbar anbot. Bei diesem verstärkten Atmen geht es darum, dem Fluss des Atems zu folgen und in meinen inneren Raum, eine Art Alpha-Zustand, zu kommen. Das half mir, alte Blockaden und Verletzungen aufzulösen. Manchmal zeigen sich Themen oder Erkenntnisse, zu denen wir sonst keinen Zugang haben. Bei diesem holotropen Atmen kommt der Körper in einen entspannten Zustand. Die Zellen können sich gut regenerieren.
Eine weitere Therapie heisst Theta Healing. Während einer von der Krebsliga angebotenen Beratungsstunde wurde mir klar, ich trage noch einige Glaubenssätze in mir. Glaubenssätze, die möglicherweise meinen Weg zur Gesundheit beeinträchtigen könnten. Und so suchte ich die mir empfohlene Beraterin auf.
Während der zwei Therapiestunden zeigten sich viele Prägungen aus meiner Kindheit. Diese versuchten wir aufzulösen. Vor allem den einen. Er sagte mir, es sei unverschämt, zu diesen fünf Prozent zu gehören, die gesund werden. Ich sage heute: Ich bin ein Glückspilz.
Wir redeten ebenso über das Thema Sterben und darüber, wie es nach dem Tod weitergehe. Mir fällt es immer noch schwer, zu glauben, es sei danach alles Licht und Liebe. Durch die religiöse Erziehung mit einem strafenden Gott war dieses Thema negativ besetzt und meine Vorstellung des Nachher eher schwarz als hell.
Ein weiterer Meilenstein in der Bewältigung meiner Krankheit waren die Abschiedsworte einer Kollegin. Sie hatte mich im Spital besucht und wünschte mir beim Abschied: «Viel Erfolg mit deinem Projekt». Projekt? Ich war irritiert. Und ich war erstaunt über diese Aussage. Mir imponierte der Ansatz, meine Krankheitsgeschichte als Projekt zu bezeichnen. Erstaunlich, was solche Wortveränderungen für einen riesigen Unterschied in der Betrachtungsweise ausmachen. Sofort kam mir dabei ein Satz aus der NLP-Ausbildung in den Sinn: Oft reicht es aus, die Bewertung des Problems zu verändern, anstatt das Problem selbst.
Nebenbei erzählte mir diese Kollegin, sie praktiziere Jin Shin Jyutsu. Bei dieser Energiearbeit werden die Meridianbahnen im Körper geströmt, ähnlich wie bei Akupunktur. Das «Strömen» geschieht ausschliesslich durch Auflegen der Hände. Das macht die Methode sanft. Beim Jin Shin Jyutsu legt der Therapeut, die Therapeutin die Hände auf verschiedene Schlüsselpunkte des Körpers. Das regt den Energiefluss an. Diese ganzheitliche Methode spricht die seelische, geistige und körperliche Ebene an.
Ich lernte, meine Selbstheilungskräfte zu mobilisieren
Schon vor meiner Tumorerkrankung beschäftige ich mich mit dem Thema Heilung und den verschiedenen Aspekten sowie Ansätzen. Als ein für mich wichtiges Buch entpuppte sich «Krankheit als Weg» von Thorwald Dethlefsen. Immer wieder nahm ich es aus dem Gestell und las darin. Suchte Themen zu erkennen, die mir bis anhin gar nicht so bewusst waren. Oft konnte ich die Bedeutung von Krankheit nachvollziehen. Verstand die Entwicklungsschritte, die das Leben regelmässig an uns stellt. Lernte daraus.
Meditationen halfen mir ebenfalls, meine Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Wenn ich zu müde war, positive Sätze und Gedanken zu formulieren, suchte ich Meditationen in Podcasts und auf Youtube. Manchmal bin ich beim Hören eingeschlafen. Was solls? Anscheinend können wir sogar dann das Gesprochene aufnehmen … ganz einfach. Heute weiss man aus dem Gebiet der Epigenetik, dass Gedanken und Vorstellungen unsere Gene und Zellen beeinflussen und es darum äusserst wichtig ist, was wir von uns denken.
Zum Thema «Selbstheilung» wurde mir Folgendes klar: Ich als Patientin kann sehr viel zu meiner Heilung beitragen, wenn ich weiss, wie. Jeder und jede hat Ressourcen zur Krisenbewältigung in sich. Ich bin überzeugt, Glaube und Vertrauen in die eigenen Kompetenzen ist eine der stärksten Ressourcen überhaupt. Ein Patient, eine Patientin kann viel besser mit dem Begriff Heilung umgehen, wenn wir erklären, dass Heilung ein Prozess ist, in den sich Betroffene gestaltend mit einbringen können. Und für jeden Mensch sieht dieser Weg wieder etwas anders aus.
Schon während meiner Ausbildung zur Krankenschwester sprachen wir immer wieder von einer ganzheitlichen Gesundheit von Körper, Geist und Seele. Damals dachte ich, dies gut verstanden zu haben. Heute ist mir klar, ich kann diesen Begriff erst jetzt in seiner ganzen Tiefe und Bedeutung verstehen.
Meine anstehenden Themen
Kurz nachdem ich diese Diagnose erhalten hatte, sind mir folgende Gedanken durch den Kopf gegangen:
– Ich kann gesund werden, wenn ich mich meinen Themen stelle.
– Ich werde in der folgenden Zeit viel lernen, vor allem mich auszuhalten, alleine zu sein und zur Ruhe zu kommen.
– Ich kann mit meinem Leben zufrieden sein, egal wie es sich entwickelt und zu mir finden.
Ich erlebte einige Zeit vor meiner Diagnose eine ziemlich turbulente Phase. Die Folgen der Wechseljahre – unter anderem. Oft taucht die Frage auf, bin ich zufrieden mit meinem Leben? Stimmt das Lebenskonzept für die nächsten 20 bis 30 Jahre? Diese Lebensphase erlebte ich sehr intensiv, herausfordernd. Und: Ich machte eine bemerkenswerte Wandlung durch. So wie wohl viele Frauen. Es würde mich interessieren, wie das die Leserinnen dieser Geschichte erleben, erlebt haben. Schreiben Sie mir? renatemarthy@hotmail.com
Ich wechselte meine Stelle nach 25 Jahren im Spital, hinterfragte meine Beziehungen, liess alte Muster los. Fragte mich nach dem Sinn des Lebens. Liess mir nicht mehr alles gefallen. Wollte herausfinden, wer ich überhaupt bin. Wollte wissen, was mir wirklich wichtig ist.
Eine grosse emotionale Fahrt erlebte ich auf der Achterbahn des Lebens. Meine Verstandes- und Gefühlsebenen lagen meilenweit auseinander. Ich wusste nicht, was ich wirklich wollte und erlebte eine «zweite Pubertät». Eine mit allen Auf und Abs.
Die Krankheit zwang mich, wieder einen Weg zu finden. Einen Weg, der für mich befriedigend und ausgeglichen war. Ich lernte sehr viel Neues und Interessantes über den Umgang mit der Krankheit. Über den Umgang mit mir.
Warum ich zu diesen fünf Prozent gehöre, die nach einer derart schweren Erkrankung gesund werden, kann ich letztendlich nicht beantworten. Sagen wir: «Glück gehabt.»
Als ich mich, erst vor Kurzem, intensiver mit dem Thema Heilung beschäftigte, stellte ich Bemerkenswertes fest: Sehr vieles hatte ich intuitiv richtig gemacht. Ich aktivierte meine Selbstheilungskräfte. Ein Meilenstein auf dem Weg zu meiner Besserung. Andere Meilensteine waren die medizinische Versorgung, meine super Ärzte- und Pflege-Teams und all die Menschen und Engel in meiner Umgebung.
Mein Weg ist noch nicht abgeschlossen
Ich weiss, mein Weg ist noch lange nicht abgeschlossen. Ich lebe. Ich lebe, um immer noch vieles zu lernen und neue Entwicklungsschritte zu machen. So freue ich mich auf die Zukunft. Mein Wissen und meine Erfahrungen möchte ich gerne an andere weitergeben. Deshalb habe ich zu Hause einen Beratungsraum eingerichtet.
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Und was sagte Oscar Wilde zum Thema: «Wir müssen bereit sein, uns von dem Leben zu lösen, das wir geplant haben, damit wir das Leben finden, das auf uns wartet.»
Text: Renate Marthy, Fotos Paolo Foschini
Bearbeitung: Martin Schuppli
DeinAdieu berichtete schon mehrfach über Krebs. Etwa in drei Blog-Beiträgen mit Peter R. Schwegler
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