Was macht die Tosam Stiftung einzigartig?
Marcel De Tomasi, Geschäftsführer Tosam Stiftung seit 2019: Unser Wirken steht unter dem Motto «Wertschätzen und Wertschöpfen». Bei Tosam erhalten Menschen einen begleiteten Arbeits- oder Bildungsplatz in Secondhandgeschäften, im Gartenbau oder in einem Caritas-Laden. Die Rolle von Tosam in der Region ist wirtschaftlich und sozial bedeutend: In den insgesamt sechs Betrieben in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Innerrhoden und St. Gallen arbeiten rund 260 Personen, die noch keine Chance haben, im ersten Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden.
Welche Ziele verfolgt Tosam aktuell?
Marcel De Tomasi: Wir befinden uns auf dem Weg von einer sozialen Institution zu einer unternehmerisch geführten Sozialfirma. Momentan sind wir in einer Konsolidierungsphase: Wir möchten unser jetziges Angebot stärker verbessern und nicht weiter ausbauen. Dieser Veränderungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Um das Geschäft stärker zu digitalisieren und die Betriebe à jour zu halten, ist Tosam als nicht gewinnorientierte Organisation auf Spenden und Legate angewiesen.
Die Institution finanziert sich durch Erträge aus den Betrieben, Beiträge der öffentlichen Hand sowie durch Spenden und Legate. Weshalb sollte jemand Tosam im Testament berücksichtigen?
Marcel De Tomasi: Auch in einem reichen Land wie der Schweiz gibt es Probleme und schwierige Situationen, die im Alltag aber oft nicht sichtbar sind. Dies macht es auch schwieriger, an Spenden zu kommen, denn die Bilder gegen aussen wirken oft nicht so dramatisch. Die Tosam Stiftung unterstützt Menschen, die vielleicht auf der anderen Seite der Strasse leben und gesundheitliche Probleme haben. Unsere Spender und Spenderinnen sind Menschen, die sich bewusst sind, dass gesundheitliche und sozialpsychische Probleme wie beispielsweise ein Burnout jede und jeden treffen kann.
Wofür setzt die Tosam Stiftung Spendengelder und Legate ein?
Marcel De Tomasi: Die Tosam Stiftung fängt Menschen mit psychischen Problemen oder kognitiven Einschränkungen auf und leistet damit einen Beitrag zur psychosozialen Integration. Mit Spenden finanzieren wir die Ausbildungs- und Arbeitsplätze für diese Menschen sowie auch für Personen, die keine finanzielle Unterstützung von Versicherungen erhalten. Für die betroffenen Menschen sind unsere Ausbildungs- und Arbeitsplätze oft existenziell: Durch die neuen Perspektiven pflegen sie soziale Kontakte, haben eine Tagesstruktur und können sogar ihr persönliches Potenzial entdecken.
Viele dieser Person bewältigen ihren Alltag mit sehr bescheidenen finanziellen Mitteln. Um diesen Menschen trotzdem beispielsweise eine Zahnbehandlung oder einen Ferienaufenthalt zu ermöglichen, führt die Tosam Stiftung einen eigenen Bedürftigenfonds.
Spenden und Legate investieren wir also einerseits in Beschäftigungsangebote und in den Bedürftigenfonds, andererseits sind wir auch für die Weiterentwicklung unserer Betriebe auf private Spenden angewiesen. Das betrifft zum Beispiel die EDV-Struktur, um die interne Digitalisierung voranzutreiben oder die Infrastruktur unserer Betreuungs- und Arbeitsplätze. Konkret müssen wir zum Beispiel ein neues Gartenfahrzeug für den Gartenbaubetrieb anschaffen. Der Einsatz der Legate erfolgt stets in Absprache mit den Spendern und Spenderinnen, die selbst soziale oder unternehmerische Projekte anstossen können.
Seit 2019 sind Sie als begleitete Mitarbeiterin im Gartenbau der Tosam Stiftung tätig. Wie sind Sie zu Tosam gekommen?
Manuela Hafner, begleitete Mitarbeiterin im Gartenbaubetrieb von Tosam: Nachdem ich 21 Jahre eine Führungsrolle bei einer grossen Organisation innehatte, erlitt ich vor einigen Jahren ein Burnout. Ich verlor dann aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme meine Stelle und bin seither auf die Unterstützung der IV angewiesen. Tosam hat mich nach meinem Stellenverlust aufgefangen. Seit vier Jahren arbeite ich in Teilzeit im Gartenbau mit.
Was bedeutet Ihnen die Arbeit bei Tosam?
Manuela Hafner: Hier fühle ich mich wie in einer Familie: Ich treffe auf Verständnis, weil die anderen Menschen hier ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich. Die Arbeit im Gartenbau macht mich zufrieden und schenkt meinem Alltag eine Struktur. Für meinen Selbstwert ist die Arbeit bei Tosam zudem sehr wichtig, da ich etwas bewirken und gestalten kann. Besonders gefällt mir der Kundenkontakt bei der Gartenpflege, den habe ich bereits in meinem früheren Beruf gemocht.
Wie war die Umstellung von einem Büroberuf auf Gartenbau?
Manuela Hafner: Der Anfang war herausfordernd, ich hatte damals keine Ahnung von Gartenbau. Pflanzen giessen konnte ich, aber nicht mehr! Am ersten Arbeitstag wurden wir dann gleich von Schneeregen überrascht. Es brauchte viel Geduld, aber ich lernte immer dazu. Bei Wind und Wetter draussen sein tut gut, auch wenn es – gerade zu Beginn – anstrengend ist. Ich bin nach meiner Arbeit körperlich müde, aber zufrieden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Manuela Hafner: Ich wünsche mir mehr Verständnis für Menschen, die unter gesundheitlichen Problemen leiden und deshalb keinen Platz mehr im ersten Arbeitsmarkt haben. Statt einem vorwurfsvollen «Was, du kannst nicht richtig arbeiten?» wäre ein bestärkendes «Wow, du machst etwas!» schön. Akzeptanz für gesundheitliche Probleme ist vielfach nicht spürbar – oder erst dann, wenn jemand selbst ein Burnout oder etwas Ähnliches erleidet. Ich wünsche mir, dass wir alle Schwächen zulassen und diese auch kommunizieren können.
Möchten Sie über Ihr Leben hinaus einen Beitrag an begleitete Bildungs- und Integrationsmöglichkeiten leisten? Mit Ihrem Vermächtnis zugunsten der Tosam-Betriebe oder spezifischen Projekte können Sie mithelfen, Arbeitsstellen und Ausbildungsmöglichkeiten für die Mitarbeitenden zu schaffen und zu erhalten.