Wann ist die amtliche Liquidation vorgesehen?
Die amtliche Liquidation einer Erbschaft ist ein zivilgesetzlich geregeltes Verfahren. Bei dieser kann auf Begehren eines Erben oder Erbschaftsgläubigers ein Nachlass abgewickelt werden. Sie ist damit eine Alternative zur Annahme eines Erbes (entweder bedingungslos oder unter öffentlichem Inventar) sowie zur Ausschlagung. Eine Liquidation hat den wesentlichen Vorteil, dass die Erben noch von einem allfälligen Überschuss an Aktiven profitieren können.
Es ist jedem ausschlagungsberechtigten Erben einzeln gestattet, die amtliche Liquidation einer Erbschaft zu verlangen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich keiner seiner Miterben bereit erklärt, die Erbschaft anzunehmen. Das Begehren kann analog der Ausschlagung mündlich oder schriftlich bei der zuständigen kantonalen Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers gestellt werden (z.B. im Kanton Zürich der Einzelrichter am Bezirksgericht). Die Frist dafür ergibt sich aus der Ausschlagungsfrist, nach deren unbenutztem Ablauf die Erbschaft als vorbehaltlos angenommen gilt. Somit beträgt sie ebenfalls drei Monate ab Kenntnis von der Eröffnung des Erbgangs. Eine Begründung muss das Begehren nicht enthalten.
Sobald eine Erbin die Annahme erklärt, wird sie Rechtsnachfolgerin des Erblassers. Dadurch übernimmt sie die Vermögenswerte, aber auch die Haftung für Verbindlichkeiten, die der Erblasser zu Lebzeiten eingegangen ist. Den anderen Erben bleibt dann entweder die Möglichkeit, sich der Annahme anzuschliessen oder das Erbe auszuschlagen. Durch eine Ausschlagung würden sie auf ihre Erbenstellung verzichten. Die Ausschlagung ist gänzlich; man kann also nicht von einem allfälligen Aktivenüberschuss des Liquidationsergebnisses profitieren. Die Annahme kann bedingungslos, also unter Einschluss sämtlicher Schulden geschehen, oder unter dem Vorbehalt des öffentlichen Inventars. Im letzteren Fall sind die annehmenden Erben nur für diejenigen Schulden haftbar, welche die Gläubiger rechtzeitig angemeldet haben.
Die amtliche Liquidation kann neben den Erben in zwei Fällen auch durch Gläubiger, die als solche nicht erbberechtigt sind, beantragt werden. Es gilt der Klarheit halber vorweg zwischen Erbschaftsgläubigern, Erbgangsgläubigern und Erbengläubigern zu unterscheiden:
- Erbschaftsgläubiger sind Kreditoren, gegenüber denen der Erblasser vor seinem Tod Verbindlichkeiten eingegangen ist oder deren Forderungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Erbsachen stehen.
- Erbgangsgläubiger sind Personen, deren Forderungen im Zusammenhang mit dem Erbgang selbst entstehen; neben Bestattern und Willensvollstreckern gehören u.a. auch die Liquidatoren mit ihrem Entschädigungsanspruch zu dieser Gruppe.
- Erbengläubiger sind Personen die Forderungen gegenüber einem oder mehreren Erben haben, die grundsätzlich in keinem Zusammenhang mit der Erbschaft bzw. dem Erbgang stehen (müssen).
Die Gläubiger eines überschuldeten Erben (Erbengläubiger) sind grundsätzlich berechtigt, dessen Ausschlagung binnen sechs Monaten anzufechten. Dies ist möglich, wenn für ihre Forderungen keine genügende Sicherheit geleistet wird. Einer erfolgreichen Anfechtung folgt das Liquidationsverfahren.
Zum anderen kann jeder Gläubiger des Erblassers (Erbschaftsgläubiger) innert drei Monaten die amtliche Liquidation verlangen. Dazu muss er eine begründete Sorge glaubhaft machen, dass seine Forderungen durch die Erben weder beglichen noch angemessen sichergestellt werden. Der Gläubiger muss dazu von den Erben (erfolglos) die Tilgung oder Sicherstellung seiner Forderung verlangen, bevor er das Liquidationsbegehren stellen kann. Er kann auch noch nicht oder ungewiss fällige, verfallene, befristete, bedingte oder (ungenügend) gesicherte Forderungen als Grundlage seines Begehrens angeben. Ihr Bestand muss aber nachweisbar sein.
Neben Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit können auch praktische Gründe wie die dauerhafte Abwesenheit oder Zahlungsverweigerung von Erben die Erfüllung der Forderung gefährden und als Gründe anerkannt werden. Die Annahme eines Erben hat gegenüber dem begründeten Antrag eines Gläubigers keine verhindernde Wirkung. Die Behörde kann dem Begehren dennoch stattgeben und die Liquidation trotz Annahme der Erbschaft einleiten.
In beiden Fällen muss die kantonale Behörde dem Gesuch um amtliche Liquidation stattgeben, damit ihre Ausführung beginnen kann. Ohne Antrag einer berechtigten Partei kann keine Liquidation vorgenommen werden. Einem Antrag muss die Behörde aber nicht in jedem Fall folgen. Eine Annahmeerklärung eines Erben oder einer Erbin nach Einleitung des Liquidationsverfahrens kann dieses nicht mehr aufhalten.
Ablauf der amtlichen Liquidation
Die amtliche Liquidation wird durch eine entsprechende Verfügung der zuständigen Behörde eingeleitet. Sie kann von dieser selbst oder von einem zu diesem Zweck bestellten und von der Behörde beaufsichtigten Erbschaftsverwalter durchgeführt werden. Erben und Gläubiger haben einen Anspruch auf Gleichbehandlung, Wunschäusserung sowie ein Beschwerderecht an die Aufsichtsbehörde betreffend Handlungen des Erbschaftsliquidators.
Den ersten Schritt bildet in jedem Fall die Inventarisierung des Nachlasses nach Verfahren, Form und Inhalt des öffentlichen Inventars, soweit nicht bereits zuvor eines erstellt wurde. Weder ein Sicherungsinventar noch ein Steuerinventar genügen. Die vorhandenen Vermögenswerte werden aufgelistet und mit Schätzwerten (Verkehrswerte bzw. erzielbare Verkaufserlöse) versehen. Schliesslich werden die Gläubiger per Rechnungs- oder Schuldenruf aufgefordert, binnen einer Frist von zumindest einem Monat ihre Ansprüche anzumelden. Nach Fristablauf werden die Aktiven den Passiven gegenübergestellt und verglichen.
Das ordentliche Liquidationsverfahren
Sind die Forderungen durch das Vermögen gedeckt, kommt das ordentliche Liquidationsverfahren zur Anwendung. Demzufolge beendet der Erbschaftsliquidator die laufenden Geschäfte des Erblassers und erfüllt daraus entstehende Verpflichtungen. Schliesslich macht dieser Forderungen gegenüber Dritten geltend und bringt die verbleibenden Erbschaftssachen durch Verkauf oder Versteigerung in liquide Form. Immobilien müssen dabei öffentlich versteigert werden, sofern nicht zwecks bestmöglicher Preisbestimmung alle Erben einem Freihandverkauf zustimmen. Gegenstände ohne, oder solche von lediglich ideellem Wert (bspw. persönliche Gebrauchsgegenstände, Tagebücher, Notizen etc.) kann der Liquidator den Erben auf Verlangen auch schon vor Abschluss des Verfahrens aushändigen.
Die ordentliche Liquidation endet offiziell durch behördliche Verfügung von Amtes wegen. Entweder wurden vorgängig sämtliche Schulden beglichen, Vermächtnisse ausgerichtet und Aktivenüberschüsse den Erben übergeben. Oder eine Konkursliquidation wurde eingeleitet, falls die Überschuldung des Nachlasses festgestellt wird.
Das konkursamtliche Liquidationsverfahren
Ist die Erbschaft überschuldet oder schlagen alle Erben den Nachlass aus, wird dies von der kantonalen Behörde zur Liquidation an das zuständige Konkursgericht gemeldet. Dieses ordnet die konkursamtliche Liquidation an. Dazu wird aus den zur Erbschaft gehörenden Aktiven und dinglichen bzw. persönlichen Rechten die Konkursmasse gebildet. Diese ist nach den Vorschriften des allgemeinen Konkursrechts im Konkursverfahren abzuwickeln.
Dies hat einige wesentliche Folgen für die Liquidation. Die Erben können nach der Eröffnung der konkursamtlichen Liquidation nicht mehr über die Erbsachen verfügen. Diese Kompetenz steht nun der Konkursverwaltung zu. Das konkursrechtlich verlangte Inventar ist i.d.R. bereits als öffentliches oder Liquidationsinventar gegeben, ein neuerlicher Schuldenruf erfolgt binnen zehn Tagen. Danach folgt die Anordnung der Gläubigerforderungen und die Verwertung der Nachlassgegenstände. Für ungedeckte Forderungen erhalten die Gläubiger Verlustscheine. Die Erben sind nicht mit ihrem eigenen Vermögen haftbar.
Vor- & Nachteile der Liquidation
Der wesentliche Vorteil der amtlichen Liquidation ist, dass die Erben nicht mit ihrem eigenen Vermögen für Schulden des Erblassers haften müssen. Es kommt zu keiner Vermögensvermischung zwischen Erblasser und Erben. Das gilt für alle gesetzlichen und gewillkürten Erben und nicht nur für diejenigen, die die amtliche Liquidation beantragt haben. Für die Tilgung von Erbschaftsschulden und Erbgangsschulden stehen also nur die Wertgegenstände des Nachlasses zur Verfügung. Ein Überschuss kommt, wie eingangs erwähnt, der Erbengemeinschaft zugute. Es ist nicht Aufgabe der Liquidatoren, die Erbteilung durchzuführen. Diesen Schritt müssen die Erben nach Abschluss der amtlichen Liquidation untereinander vornehmen.
Für die Gläubiger bedeutet die amtliche Liquidation ein Mindestmass an Ressourcen zur Befriedigung ihrer Forderungen, falls diese durch die Erben nicht sichergestellt werden kann. Daher können die Gläubiger die amtliche Liquidation u.U. auch gegen den Willen der Erben durchsetzen.
Eine Erbgangsschuld, die explizit durch die amtliche Liquidation entsteht, ist der Honorar- und Spesenvergütungsanspruch des Liquidators bzw. der Liquidatoren. Er kann noch vor Ausrichtung der Vermächtnisse und Übergabe an die Erben abgezogen werden. Seine Höhe ist im Zweifel nach dem Arbeitsaufwand und dem Wert der Erbschaft durch die kantonale Behörde festzulegen.
Darüber können Sie sich Gedanken machen
- Könnte ein Erbe mit Schulden behaftet sein?
- Wäre ein öffentliches Inventar sinnvoll?
- Könnte bei einer Liquidation ein Aktivenüberschuss entstehen?
- Bin ich allenfalls Gläubiger in einem Erbfall und kann eine amtliche Liquidation verlangen?
- Macht es für Sie Sinn, ein Testament oder einen Erbvertrag zu errichten? Auf DeinAdieu können Sie ein kostenloses Testament sehr einfach und schnell errichten.
- Wurden die Fristen beachtet?