Steuerfolgen bei der Vererbung von Grundstücken

Grundstücke sind oft der grösste Vermögenswert in einer Erbschaft. Dementsprechend bedeutsam sind sie aus steuerlicher Sicht. Welche Steuern bei der Vererbung von Immobilien anfallen können und worauf Sie achten müssen, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel auf.

Das Wichtigste in Kürze

  • Immobilien im Nachlass sind von grosser steuerlicher Relevanz. Zu thematisieren sind insbesondere Erbschafts- und Schenkungssteuern, Grundstückgewinn- oder Einkommenssteuern, Vermögenssteuern, Handänderungssteuern und Grund- bzw. Liegenschaftssteuern.
  • Nicht alle Steuern fallen jedoch unmittelbar mit dem Erbgang an. Insbesondere für Grundstückgewinnsteuern, Einkommenssteuern, und Handänderungssteuern sehen die Kantone in der Regel einen Steueraufschub bis zur nächsten entgeltlichen Veräusserung vor.
  • Nahe Angehörige, insbesondere Ehegatten und Kinder, sowie gemeinnützige Organisationen sind in aller Regel von Erbschafts- und Schenkungssteuern befreit. Je weitläufiger die Beziehung zum Erblasser und je höher der Vermögensanfall, desto höher ist im Allgemeinen die Steuer.

Welche Steuern können anfallen?

Ganz grundlegend ist die Frage, welche Steuern bei der Vererbung einer Immobilie überhaupt anfallen können. Ihre Beantwortung hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere davon, wo das Grundstück liegt, aber auch davon, welche wirtschaftliche Funktion es erfüllt (Privatvermögen oder Geschäftsvermögen). Der Begriff des Grundstücks umfasst dabei nicht nur Liegenschaften im geläufigen Sinn, sondern auch bspw. Miteigentumsanteile an Grundstücken, Stockwerkeigentum oder gewisse beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken.

Erbschafts-/Schenkungssteuer

Die «typische» Steuer in einem Erbfall ist die kantonal geregelte Erbschaftssteuer. Da die vermögensrechtlichen Wirkungen eines Erbfalls vergleichbar sind mit denjenigen einer Schenkung (Bereicherung aus dem Vermögen einer anderen Person ohne Gegenleistung), sehen die Kantone parallel dazu Schenkungssteuern vor. So wird eine Umgehung der Erbschaftssteuer durch lebzeitige Schenkungen verhindert. Dennoch ist es u.U. möglich, durch die zeitliche Staffelung von Schenkungen in den Genuss von periodischen Freibeträgen oder Steuererleichterungen zu kommen und im Ergebnis Steuern zu sparen.

Es gibt zwei mögliche Ausgestaltungen der Erbschaftssteuer:

  • Bei der Erbanfallsteuer stellen die einzelnen Vermögensübergänge auf jede Erbin und jeden Vermächtnisnehmer das Steuerobjekt dar. Die Steuer richtet sich nach der Höhe der Erbschaft und dem Grad der Verwandtschaft.
  • Die Nachlasssteuer wird auf dem gesamten Wert des Nachlasses erhoben und differenziert insbesondere nicht nach Verwandtschaftsgraden. Die meist als gerechter empfundene und daher von der Mehrzahl der Kantone, darunter z.B. Zürich, Bern und St. Gallen, gewählte Variante ist die Erbanfallsteuer. 

Im interkantonalen Verhältnis ist grundsätzlich der Kanton des letzten Erblasserwohnsitzes zur Erhebung der Steuer berechtigt. Bei Grundstücken ist die Lage anders: Hier steht das Besteuerungsrecht dem Liegenschaftskanton zu. Das bedeutet, dass bei einem Nachlass mit Immobilien die Steuerhoheit aufgespalten wird, wenn Grundstücke übergehen, die nicht am letzten Erblasserwohnsitz liegen.

Steuerpflichtig sind die Empfänger der steuerbaren Vermögensübergänge, d.h. die Erben und Vermächtnisnehmer bzw. die Beschenkten. Bestimmte Personen sind regelmässig von der Erbschaftssteuer befreit, insbesondere der überlebende Ehegatte, die Nachkommen und gemeinnützige Organisationen. Zudem werden aus Billigkeitsgründen Freibeträge für Vermögensanfälle an weitere nahe Angehörige, geringfügige Zuwendungen, Gelegenheitsgeschenke, Hausrat etc. gewährt. Die Freibeträge und Steuersätze bei Angehörigen sind meist nach dem Verwandtschaftsgrad und der Höhe des Vermögensanfalls abgestuft. Je nach Kanton sind auch Konkubinatspartner steuerbegünstigt, oder eben nicht.

Grundstückgewinn-/Einkommenssteuer

Unter den in der Schweiz bekannten Steuern drängt sich sodann die Grundstückgewinnsteuer auf. Tatsächlich sind alle Kantone verpflichtet, eine Grundstückgewinnsteuer zu erheben. Demgegenüber sind Einkünfte aus Erbgang oder Schenkung grundsätzlich von der Einkommenssteuer befreit. Diese beiden Steuern können alternativ zueinander anfallen, aber nicht gemeinsam.

Bei der Grundstückgewinnsteuer kennen verschiedene Kantone nämlich unterschiedliche, im Detail komplizierte Berechnungsmodelle:

  • Beim dualistischen System (z.B. in St. Gallen) werden mit der Grundstückgewinnsteuer nur Gewinne auf Liegenschaften des Privatvermögens erfasst, während Gewinne aus Geschäftsvermögen der Einkommenssteuer unterliegen.
  • Beim monistischen System (z.B. in Zürich) unterliegen sowohl die Gewinne aus Privatvermögen als auch aus Geschäftsliegenschaften der Grundstückgewinnsteuer.

Die Besteuerung einer Liegenschaft hängt somit in einigen Kantonen davon ab, ob sie privat (namentlich zum Wohnen) oder gewerblich (etwa als Büro, Werkstatt oder Fabrik) genutzt wurde. Welche Art der Steuer im Einzelfall höher ausfällt, hängt von den Tarifen und der Steuerprogression am Lageort ab und kann daher nicht generell bestimmt werden.

Wichtig ist aber, dass mit dem Erbgang an sich noch nicht unbedingt eine Steuer anfällt. Vielmehr stellt der unentgeltliche Vermögensübergang – wie er beim Erbgang, aber auch bei Erbvorbezügen oder Schenkungen, stattfindet – einen Aufschubtatbestand dar. Erbinnen und Erben können also gegenüber den Steuerbehörden erklären, die aufgelaufenen Steuern erst bei einem späteren Verkauf des Grundstücks bezahlen zu wollen (Näheres dazu weiter unten).

Vermögenssteuer

Die Erblasserin bzw. der Erblasser ist bis zum Todestag vermögenssteuerpflichtig (ist der Todestag bspw. der 16. Mai 2023, so besteht die Steuerpflicht für die Periode 2023 vom 1. Januar bis zum 16. Mai, also während 136 Tagen). Die für das ganze Jahr berechnete Vermögenssteuer reduziert sich entsprechend. Die Erben haften für diese unterjährige Steuerschuld sowie allfällige weitere unbezahlte Steuerforderungen der Vorjahre solidarisch.

Der Vermögensanfall aus Erbschaft (oder Schenkung) hat sodann auch eine Bereicherung der Empfänger zur Folge. Diese deklarieren den eigenen Anteil am Nachlass in der persönlichen Steuererklärung. Daher erhöht sich auch die Bemessungsgrundlage für ihre Vermögenssteuern, das sog. Reinvermögen (Aktiven, d.h. bewegliches und unbewegliches Vermögen, abzüglich nachgewiesener Schulden). Grundsätzlich gilt das Stichtagsprinzip, und damit ist der Stand des Reinvermögens am Ende der Steuerperiode massgebend. Fällt also während einer Steuerperiode eine Erbschaft an, so ist der Stand am Ende dieser Periode für die Bemessung der Vermögenssteuer bei den Erben massgebend.

Handänderungssteuer

Die meisten Kantone erheben auf dem Verkehrsvorgang der Handänderung von Grundstücken nicht harmonisierte Steuern. Gegenstand der Handänderungssteuer ist die Übertragung bzw. der Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums an Grundstücken. Soweit nicht anders geregelt, sind sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Handänderungen steuerbar. Letztere werden jedoch oftmals explizit von der Steuer ausgenommen oder befreit, namentlich im Fall eines Erbgangs oder einer Schenkung.

Grund-/Liegenschaftssteuer

Die Grundsteuer ist eine nicht harmonisierte Spezialvermögenssteuer, die von manchen Kantonen und Gemeinden in unterschiedlicher Form erhoben wird. Steuerobjekt sind die im Hoheitsgebiet gelegenen Grundstücke im privaten Eigentum. Steuersubjekt sind die Personen, die Eigentum oder Nutzniessung an steuerbaren Grundstücken haben. Als Bemessungsgrundlage dient oft der Vermögenssteuerwert ohne Berücksichtigung der Schulden (Bruttowert). Der Vermögenssteuerwert entspricht i.d.R. dem Verkehrswert gemäss amtlicher Schätzung.

Aufschub der Besteuerung bei Schenkung oder Erbgang

In Fällen, in denen steueraufschiebende Tatbestände vorliegen, tritt zwar die Steuerpflicht ein, jedoch wird sie ganz oder teilweise bis zur nächsten steuerbegründenden Veräusserung aufgeschoben. Als Steueraufschubtatbestand gilt namentlich die unentgeltliche Handänderung zufolge Erbgang, Erbvorbezug oder Schenkung. Dann muss die begünstigte Person die Steuer nicht beim Erbgang, dem Erbvorbezug, der Schenkung oder der Erbteilung bezahlen, sondern erst, wenn sie die Immobilie verkauft. In einigen Kantonen ist die Gewährung eines Steueraufschubs bei einem Erbvorbezug von Grundstücken von zusätzlichen Bedingungen abhängig.

Wenn also jemand ein Grundstück erbt oder geschenkt bekommt, hat dies nicht unmittelbar notwendig eine Besteuerung zur Folge. Gewisse Steuern werden erst mit dem nächsten steuerpflichtigen Vorgang fällig, namentlich einer entgeltlichen Veräusserung (sog. latente Steuer). Dieses Prinzip gilt insbesondere für die Grundstückgewinnsteuern, Einkommenssteuern und Handänderungssteuern. Die latenten Steuern können bei der Erbteilung eine Rolle spielen, wenn sie von den Erbinnen und Erben anteilig zu tragen sind.

Steuerbefreiungen und -erleichterungen

Ein Steueraufschub ist nur dort relevant, wo überhaupt eine Steuer erhoben wird. Wie erwähnt, sind aus sozialpolitischen Gründen die nahen Angehörigen des Erblassers regelmässig entweder gänzlich von Erbschafts- und Schenkungssteuern befreit. Oder sie können – im Vergleich zu Dritten – zumindest in den Genuss von signifikanten Freibeträgen und/oder vergünstigten Tarifen kommen.

Trotz aller Komplexität im schweizerischen Steuerföderalismus zeigt sich, dass die kantonalen Gesetzgeber zahlreiche Erleichterungen vorsehen, um Erbinnen und Erben vor unverhältnismässig belastenden Steuerfolgen zu schützen. Erbinnen und Erben sollen nicht (allein) wegen der Steuern gezwungen sein, Grundstücke zu verkaufen oder mit Pfandrechten zu belasten. In begründeten Fällen kann auch eine Stundung der geschuldeten Steuer gewährt werden, wenn deren sofortige Bezahlung eine übermässige Härte für die steuerpflichtige Person zur Folge hätte. Die Steuerfrage bei der Vererbung von Immobilien stellt sich daher insbesondere, wenn Grundstücke mit hohem Verkehrswert an entfernte Verwandte oder Dritte (inklusive Konkubinatspartner) vererbt werden sollen. 
Noch komplizierter ist die Situation, wenn ein Auslandsbezug besteht, insbesondere wenn eine Liegenschaft im Ausland in den Nachlass fällt. Dann spielen zusätzlich das internationale Privatrecht und (soweit vorhanden) Steuerabkommen zwischen der Schweiz und dem Belegenheitsstaat eine entscheidende Rolle für die Frage, ob, bei wem, wann, wo, und wie Steuern anfallen.

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