Ein kantonaler Fleckenteppich
Dem Bund ist in der Schweiz weder eine ausdrückliche Kompetenz zur Regelung der Erbschafts- oder Schenkungssteuern zugewiesen, noch schreibt er den Kantonen eine solche Erhebung vor. Die Kantone geniessen also eine weitreichende Autonomie, von der sie sehr unterschiedlich Gebrauch machen. Vermögensanfall aus Erbschaft, Vermächtnis, Schenkung oder güterrechtlicher Auseinandersetzung ist von der Einkommenssteuer sowohl auf Bundesebene als auch auf kantonaler Ebene befreit.
Obwalden und Schwyz erheben beispielsweise gar keine Erbschaftssteuern (unabhängig von der Beziehung zwischen Erblasser und Erben). Die meisten Kantone sehen Steuersätze gestaffelt nach Verwandtschaftsbeziehungen vor: Ehegatten, eingetragene Partner und Nachkommen sind gänzlich steuerbefreit bzw. meistbegünstigt. Eltern sind gegenüber Geschwistern tendenziell bevorzugt. Letztere wiederum gegenüber Konkubinatspartnern sowie Dritten. Einige Kantone (Freiburg, Graubünden, Luzern und Waadt) gewähren auch den Gemeinden Kompetenzen, Erbschafts– und Schenkungssteuern zu erheben.
Um Steuerumgehungen zu vermeiden, wird in aller Regel parallel zur Erbschaftssteuer (im Ablebensfall) eine gleichartige Schenkungssteuer (unter Lebenden) erhoben. Steuersystematisch bilden auch Vermächtnisse Substrat der Erbschafts- und Schenkungssteuern.
Zuständig ist der Kanton am letzten Wohnsitz des Erblassers oder für Grundstücke der Belegenheitskanton. Die interkantonale Doppelbesteuerung ist verfassungsrechtlich verboten.
Die Berechnungsmethode
Die Kantone folgen heute fast ausnahmslos dem System der Erbanfallsteuer, die auf die persönlichen Umstände der Erben Rücksicht nimmt. Besonders auf die Beziehung zum Erblasser sowie den Wert ihres Erbteils wird geachtet.
Das Steuerrechtsverhältnis fusst auf fünf Elementen: Die Steuerhoheit liegt bei den Kantonen, Steuersubjekt sind die Erben bzw. Beschenkten. Steuerobjekt ist die Übertragung von Vermögenswerten. Die Bemessungsgrundlage ist der Wert des zugewendeten Vermögens. Das Steuermass wird durch die kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetze festgelegt und variiert in Abhängigkeit von Steuersubjekt und Bemessungsgrundlage.
Die Kantone sehen ferner für unterschiedliche Steuersubjekte verschieden hohe Freibeträge vor, auf die keine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuern zu entrichten sind. Nur darüber hinausgehende Beträge sind zu versteuern.
Ein kleines Rechenbeispiel, um zu zeigen, wie Verwandte und Dritte unterschiedlich besteuert werden:
Anton, mit letztem Wohnsitz in Zürich, hinterlässt bei seinem Ableben ein Vermögen von CHF 900’000. Er vermacht seiner Ehefrau Bertha, seinem Bruder Caesar und seiner guten Freundin Dora je CHF 300’000 (auf Pflichtteile wurde erbvertraglich verzichtet).
Die drei entrichten die Erbschaftssteuer auf ihren Teil am Nachlass wie folgt:
- Ehefrau Bertha ist zur Gänze von der Steuer befreit, führt daher nichts ab und erbt die vollen CHF 300’000.
- Bruder Caesar profitiert von einem Steuerfreibetrag von CHF 15’000 und zahlt auf die restlichen CHF 285’000 eine Steuer von CHF 33’750. Er erhält daher netto CHF 266’250.
- Freundin Dora kann keinen Steuerfreibetrag geltend machen und muss auf die gesamten CHF 300’000 eine Erbschaftssteuer von CHF 72’000 entrichten. Ihr bleiben daher «nur» CHF 228’000.
Steuerplanung hilft, unerwartete Kosten zu vermeiden
Wenn Sie bereits frühzeitig klären, welchen Personen oder Institutionen Ihr Nachlass zugutekommen soll, können Sie Massnahmen treffen, um den Steueraufwand zu verringern. So können sie auch verhindern, dass die Erben im Extremfall grosse Vermögensbestandteile, z.B. Grundstücke, (häufig unter Wert) veräussern müssen, um überhaupt ihrer Steuerpflicht nachkommen zu können.
Es kann sinnvoll sein, nicht den gesamten Betrag im Ablebensfall zu vermachen. Aufgrund der Freibeträge und der Progression der Erbschaftssteuersetze sind in den vorangehenden Jahren Teilzahlungen in Form von (gemischten) Schenkungen oder Erbvorbezüge steuerlich allenfalls angezeigt.
Falls Sie die Möglichkeit dazu haben, kann auch die Verlegung des Wohnsitzes in einen steuergünstigen Kanton Ersparnisse mit sich bringen. Da dies aber u.U. mit einem gewissen Aufwand und anderweitigen Kosten verbunden ist, empfiehlt sich eine sorgfältige Abwägung von Kosten und Nutzen unter Einbezug eines Steuerberaters (siehe dazu: Dienstleistungsverzeichnis). Auch deckt sich der steuerrechtliche Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) nicht zwingend mit dem zivilrechtlichen. Dies namentlich besonders dann, wenn die Steuerbehörden einen Umgehungsversuch unterstellen.
In gewissen Fällen ist es sodann ratsam, eine gemeinnützige Stiftung zu errichten oder das Nachlassvermögen einer solchen zu widmen. Sie können eine Stiftung zu Lebzeiten oder auch per letztwilliger Verfügung errichten, indem sie ein Vermögen verselbstständigen und einem bestimmten (i.d.R. nicht abänderbaren) besonderen Zweck widmen. Gemeinnützige Stiftungen dienen ausschliesslich öffentlichen Aufgaben oder dem Wohle Dritter und erlangen auf Antrag an die Steuerbehörden den Status der Steuerbefreiung (vgl. Steuerbefreiung bei NGO-Zuwendungen). Sie müssen dann auf das ihnen gewidmete Vermögen keine Erbschafts- oder Schenkungssteuern entrichten. Dies gilt allerdings nicht für Familienstiftungen oder solche, die ihren gemeinnützigen Widmungszweck in der Realität verfehlen.
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