Das Wichtigste in Kürze
- Die Ergänzungsleistungen sind Bedarfsleistungen und sind damit Bestandteil der Pflegefinanzierung.
- Eine Anmeldung für Ergänzungsleistungen ist notwendig. Ergänzungsleistungen werden nicht automatisch gewährt.
- Wer Anspruch auf Leistungen aus der 1. Säule (AHV/IV) hat, kann potenziell Ergänzungsleistungen beantragen. Es braucht zudem mehr gesetzlich anerkannte Ausgaben als Einnahmen. Es muss also ein Minus vorhanden sein.
- Es gilt zu unterscheiden zwischen zwei Arten von Ergänzungsleistungen: Den jährlichen Ergänzungsleistungen und der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten.
- In aller Regel müssen die seit dem 1.1.2021 bezogenen Ergänzungsleistungen zurückbezahlt werden. Die Pflicht entsteht jedoch erst nach dem Tod der beziehenden Person bzw. von deren Ehegatte oder Ehegattin.
- Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie für Ergänzungsleistungen berechtigt sind, klären Sie dies am besten bei Ihrer kantonalen Ausgleichskasse ab. Nicht Leistungsberechtigte finden hier Informationen zur AHV und der Pensionskasse.
Welche Funktion haben Ergänzungsleistungen?
Das 3-Säulen-System deckt die Risiken Alter, Invalidität und Tod ab. Über die berufliche Vorsorge (2. Säule) können sich in der Regel nur unselbständige Berufstätige absichern. Demgegenüber steht es allen Personen frei, mit Erspartem über die persönliche Vorsorge (3. Säule) zusätzliche Vorsorge zu leisten.
Doch was ist, wenn 2. und 3. Säule kaum oder gar nicht vorhanden sind? Insbesondere Selbstständige können davon selten profitieren. Ähnlich geht es Frauen, die sich lange um Haushalt und Erziehung gekümmert haben. Diese Personen erhalten (fast) nur Leistungen aus der staatlichen Grundvorsorge (1. Säule). Sie erhalten zunächst AHV- bzw. IV-Renten (Säule 1a).
Wo die Leistungen der Säule 1a für die minimalen Lebenskosten (Einkäufe, Pflegekosten, Miete etc.) nicht reichen, können Ergänzungsleistungen bezogen werden. Diese richten sich nach dem konkreten Bedarf der beziehenden Person.
Welche Arten von Ergänzungsleistungen gibt es?
Das Gesetz unterscheidet zwischen den jährlichen Ergänzungsleistungen und der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten.
Die jährlichen Ergänzungsleistungen
Einmal pro Jahr erhalten Beziehende ihre Ergänzungsleistung in Form einer Geldleistung. Dieser Betrag entspricht der Summe, um welche die gesetzlich anerkannten Ausgaben das anrechenbare Einkommen übersteigen.
Das Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen listet abschliessend auf, was zu den anerkannten Ausgaben zählt. Zu den wichtigsten finanziellen Posten zählen:
- Ausgaben für den grundlegenden Lebensbedarf
- Wohnkosten
- Sozialversicherungsbeiträge
- Krankenversicherungsprämien
Für den allgemeinen Lebensbedarf dürfen sich Alleinstehende pauschal Fr. 20’100, Ehepaare Fr. 30’150 anrechnen lassen (Stand: 2024). Bei Mietzins und Nebenkosten stellt das Gesetz grundsätzlich auf die tatsächlich anfallenden Kosten ab. Allerdings gibt es Höchstbeträge, welche auf die Anzahl im Haushalt lebenden Personen sowie den Wohnort abstellen. Steht die bewohnte Liegenschaft im Eigentum der Beziehenden, ist der Eigenmietwert ausschlaggebend. Hier gelten allerdings auch die anrechenbaren Höchstbeträge des Mietzinses.
Zu den anrechenbaren Einnahmequellen gibt es ebenfalls eine fixe Liste im Gesetz. Als anrechenbare Einkünfte gelten zum Beispiel:
- 2/3 des Erwerbseinkommens nach Abzug des vorgesehenen Freibetrages (es ist ein Freibetrag von 1’000 Fr für Alleinstehende und 1’500 Fr für Ehepaare abzuziehen)
- Einkünfte aus dem Vermögen
- Familienzulagen
Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten
Ziel dieser Art von Ergänzungsleistung ist es, teure Pflegekosten zu decken wie z.B. Altersheim oder Spital. Personen, welche jährliche Ergänzungsleistungen beziehen, sollen individuelle gesundheitliche Kosten abgenommen werden. Auch Personen, die keine jährliche Ergänzungsleistung erhalten, haben Anspruch auf Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten, sofern diese ihre anrechenbaren Einnahmen übersteigen.
Die gesetzliche Liste der Krankheits- und Behinderungskosten ist abschliessend. Innerhalb von 15 Monaten nach Rechnungsstellung haben Betroffene den Anspruch auf Vergütung geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist vergütet die zuständige Stelle die Kosten nicht mehr.
Wer hat Anspruch auf Ergänzungsleistungen?
Nur Personen, welche Leistungen aus der Säule 1a beziehen, haben Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Eine AHV-Rente oder eine IV-Rente sind somit vorausgesetzt.
Der Wohnsitz der Beziehenden muss in der Schweiz sein. Es findet kein Export von Ergänzungsleistungen ins Ausland statt. Personen ohne schweizerische Staatsangehörigkeit müssen seit mindestens 10 Jahren ohne wesentliche Unterbrüche in der Schweiz leben. Für Flüchtlinge gilt eine Mindestdauer von 5 Jahren.
Um Anspruch auf jährliche Ergänzungsleistungen zu haben, muss zudem das Reinvermögen (= Vermögen abzüglich Schulden) der beziehenden Personen unter folgenden Schwellenwerten liegen:
- Fr. 100’000 bei Alleinstehenden
- Fr. 200’000 bei Ehepaaren
- Fr. 50’000 bei rentenberechtigten Waisen/Kindern
Die zuständigen Behörden richten die Ergänzungsleistungen nicht automatisch aus. Wer künftig Ergänzungsleistungen erhalten möchte, meldet dies bei der kantonalen EL-Stelle (meistens die kantonale Ausgleichskasse) an. In der Regel richtet die EL-Stelle keine nachträglichen Zahlungen aus.
Was ist das Reinvermögen?
Um das Reinvermögen beziffern zu können, kann nicht bloss auf das Bankkonto abgestellt werden. Vielmehr findet sich im Gesetz eine Auflistung von Einnahmen, die zum Vermögen hinzugerechnet werden, sowie Ausgaben, die vom Vermögen abzuziehen sind.
Das Reinvermögen wird ermittelt, indem vom Bruttovermögen die nachgewiesenen Schulden abgezogen werden. Nachdem alles angerechnet bzw. abgezogen wurde, ergibt sich aus dem Saldo das Reinvermögen.
Rückerstattung: Muss ich meine EL zurückzahlen?
Seit der Revision des ELG 2021 müssen rechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen grundsätzlich zurückbezahlt werden – allerdings erst nach dem Tod. Die Rückerstattungspflicht kommt den Erben zu. War die EL-beziehende Person verheiratet, ist die Rückerstattung erst nach Tod des Ehegatten oder der Ehegattin fällig.
Das Gesetz erlaubt einen Freibetrag: Die Rückerstattung ist nur von demjenigen Teil des Nachlasses zu leisten, der den Betrag von Fr. 40 000 übersteigt.
Zu beachten ist auch, dass einzig Ergänzungsleistungen rückerstattungspflichtig sind, die Betroffene nach dem 1.1.2021 erhalten haben.
Gilt eine Schenkung als Vermögensverzicht?
Kurz vor dem Eintritt ins Altersheim schenken ältere Personen ihren Kindern häufig das bis anhin bewohnte Eigenheim. Dies kann problematisch werden bei der Frage, ob ein Anrecht auf Ergänzungsleistungen besteht. Vermögen, auf welches jemand verzichtet hat, zählt nämlich zu den anrechenbaren Einnahmen. Obwohl sich beispielsweise das Grundstück nicht mehr im Eigentum der schenkenden Person befindet, wird es zum Reinvermögen hinzugerechnet. Möglicherweise hat das die Überschreitung des Schwellenwerts zur Folge. In diesem Fall geht der Anspruch auf EL wegen der Schenkung verloren.
Die gute Nachricht: Pro Jahr (Verzichtsjahr ausgenommen) vermindert sich das anrechenbare Verzichtsvermögen um Fr. 10’000. Es empfiehlt sich also, den Vermögenswert möglichst früh zu schenken.
Beispiel
Die 59-jährigen Ehegatten Tina und Alfred schenken das von ihnen bewohnte Haus (Nettowert Fr. 400’000) ihrem Sohn Hans. An ihrem 81. Geburtstag ziehen sie in ein Altersheim. Die Ehegatten beantragen Ergänzungsleistungen. Das verschenkte Haus rechnet ihnen die EL-Stelle nur noch zu Fr. 190’000 an, da für 21 Jahre je Fr. 10’000, also total Fr. 210’000 abgezogen werden. Da ihr Reinvermögen unter 200’000 Fr. liegt, erhalten sie Ergänzungsleistungen.
Ab welchem Zeitpunkt werden Ergänzungsleistungen entrichtet?
Ergänzungsleistungen werden nicht automatisch gewährt. Eine Anmeldung ist nötig. Frühestmöglicher Zeitpunkt für die Ausrichtung ist grundsätzlich der Beginn des Monats, in welchem die Anmeldung erfolgt. Erfolgt eine Anmeldung Mitte März, werden Ergänzungsleistungen folglich frühstens ab dem 1. März entrichtet.
Die Anmeldung erfolgt meistens bei der Ergänzungsleistungsstelle, die in der Ausgleichskasse des Wohnkantons angesiedelt ist. Da Ergänzungsleistungen vor allem von der finanziellen Situation einer Person abhängig sind, müssen diejenigen Belege der Ergänzungsleistungsstelle eingereicht werden, welche das Vermögen einer Person abbilden. Die Anmeldung sollte dabei so schnell wie möglich an die zuständige Stelle geschickt werden. Ergänzungsleistungen werden nämlich grundsätzlich nicht rückwirkend gewährt. Von dieser Regelung wird jedoch Abstand genommen, wenn die Anmeldung innerhalb von 6 Monaten nach Zustellung der AHV/IV-Rentenverfügung oder Spital- oder Heimeintritt erfolgt.
Beispiel
Herr Ammann erhält 2 Jahre nach Anmeldung bei der IV eine Rente zugesprochen (je nach Situation müssen verschiedene Abklärungen getroffen werden, wodurch sich der Rentenentscheid hinauszögern kann). Herr Ammann erhält dabei eine IV-Rente mit Rückwirkung für 20 Monate. Nun hat Herr Ammann die Möglichkeit, sich binnen 6 Monaten nach Zustellung der Rentenverfügung für Ergänzungsleistungen anzumelden. In diesem Fall erhält Herr Ammann rückwirkend Ergänzungsleistungen für diese 20 Monate.
Fazit
Wer mit der verfügbaren Rente nur knapp über die Runden kommt, sollte sich über eine Anmeldung für Ergänzungsleistungen Gedanken machen. Zuvor ist jedoch eine Auflistung der eigenen Vermögensverhältnisse vorzunehmen. So kann überprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu kann es sinnvoll sein, sich rechtlich beraten zu lassen.
Sind Sie nicht leistungsberechtigt? Hier finden Sie weitere Informationen zur AHV und der Pensionskasse.