Einlieferungspflicht einer letztwilligen Verfügung
Die Hinterbliebenen sind gemäss Art. 556 Abs. 1 ZGB verpflichtet, die beim Erblasser oder sonstwo gefundenen Testamente der zuständigen Behörde einzuliefern. Welche Behörde zuständig ist, variiert je nach Kanton. Im Kanton Zürich ist für die Eröffnung von Testamenten das Gericht zuständig. Testamente und Erbverträge sind daher beim Bezirksgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers einzureichen.
Die Verletzung dieser Ordnungspflicht kann verschiedene Konsequenzen mit sich bringen. Man kann schadenersatzpflichtig werden oder aufgrund von Erbunwürdigkeit seine Erbenstellung verlieren. Es drohen auch strafrechtliche Konsequenzen. Das Handeln kann den Tatbestand der Urkundenunterdrückung gemäss Strafgesetzbuch erfüllen.
Testamentseröffnung
Nachdem die zuständige Behörde das Testament erhalten hat, ermittelt sie alle im Testament bedachten Personen und Organisationen. Damit kann sie diesen in der Folge das Testament eröffnen. Die Ermittlung erfolgt mit Hilfe von Zivilstandsurkunden, welche von der zuständigen Behörde bei den Zivilstandsämtern eingeholt werden. Nachdem also alle Erben ermittelt wurden, wird diesen eine Kopie des Testaments durch die zuständige Behörde zugestellt.
Erbschein
Die ermittelten Erben haben Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung über die Erbberechtigung. Es handelt sich dabei um den so genannten Erbschein.
Auf den Erbschein sind die Erben angewiesen, um überhaupt über die Erbschaft verfügen zu können. Soll auf Konten des Erblassers zugegriffen werden oder eine Verfügung im Zusammenhang mit Grundeigentum des Erblassers getroffen werden, wird dafür der Erbschein vorausgesetzt. Für die Ausstellung des Erbscheins ist im Kanton Zürich ebenfalls das Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig.
Der Erbschein wird grundsätzlich im Anschluss an die Testamentseröffnung ausgestellt. Wird im Nachgang zur Testamentseröffnung kein Rechtsmittel ergriffen, kann ein Erbschein endgültig Gültigkeit erlangen. Dieses Verfahren kann sich über einige Monate hinziehen, falls die Ermittlung der Erben sich aufwändig gestaltet.
Im alltäglichen Leben können sich daraus durchaus Probleme ergeben. So beispielsweise wenn eine Bank vom Todesfall des Erblassers Kenntnis erhält und den Zugriff auf Konten und Depots sperrt. Entsperrt werden die Vermögenswerte erst wieder, wenn der Berechtigungsnachweis in Form des Erbscheins vorliegt.
Es gibt jedoch eine Ausnahme. Rechnungen, die offensichtlich im Zusammenhang mit dem Todesfall des Erblassers stehen ( so z.B. Kosten des Begräbnisses), können auch ohne Erbschein aus dem Nachlass beglichen werden. Kontoüberträge oder weitere Verfügungen können die Erben jedoch erst tätigen, wenn sie den Erbschein eingereicht haben. Dies ist auch sinnvoll, da die Bank sich und die Erben vor Missbrauchsfällen schützen muss.
Um schnellere finanzielle Vorkehrungen zu treffen, hat der Erblasser die Möglichkeit, zu Lebzeiten einen Willensvollstrecker zu bestimmen. Dieser erhält schneller Zugriff auf das Vermögen des Verstorbenen – in der Regel nach nur wenigen Tagen.