Was ist die Sterbebegleitung?
Die Sterbebegleitung ist eine Form besonderer Betreuung für Menschen, die dem Ende ihres Lebens nahe sind. Speziell ausgebildete Fachkräfte in Krankenhäusern, Altersheimen, Hospizen etc. können in Zusammenarbeit mit Medizinern, Pflegepersonal, Seelsorgern und Therapeuten den betroffenen Personen und ihren Angehörigen helfen. Diese Hilfe umfasst die Unterstützung der Betroffenen, sich mit ihrer Lage auseinanderzusetzen und einen Zugang zum Thema Tod zu finden. Sterbebegleitung versteht sich, in klarer und bewusster Abgrenzung zur Sterbehilfe, als Bewältigungs– und damit Lebenshilfe. Als solche steht sie nicht zwingend im Widerspruch zum Angebot der Sterbehilfe, sondern soll den Betroffenen helfen, eine bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen und die Implikationen der Inanspruchnahme solcher Leistungen für sich selbst und ihr Umfeld in aller Tragweite zu begreifen.
Sterbebegleiter müssen sich daher in die Lebenswirklichkeit ihrer Gegenüber versetzen und ihre Bedürfnisse nachvollziehen können. Auch müssen sie sich der Schwierigkeit der Lage bewusst sein. Sie nehmen eine Vermittlerrolle zwischen den in das Lebensende eines Menschen involvierten Akteure ein und müssen entsprechend empathisch kommunizieren. Dabei gibt es wenig starre Regeln. Es braucht neben den Grundkenntnissen, welche die Sterbebegleiter in einer Ausbildung gelernt haben, vor allem jahrelange Erfahrung im Umgang mit derartigen Ausnahmesituationen. Die Ausbildung kann unterschiedlicher Natur sein: Sie kann sich auf medizinische, psychologische, sozialpädagogische, aber auch seelsorgerische Aspekte konzentrieren, wobei diese einander notwendigerweise ergänzen.
Emotionale Begleitung für Angehörige
Ein Teil der Sterbebegleitung kann auch die sogenannte Trauerbegleitung sein, die nahestehende Angehörige auf den Tod einer geliebten Person vorbereitet, aber ihnen auch darüber hinaus bei der Bewältigung des Trauerfalls hilft.
Was versteht man unter der passiven Sterbehilfe?
Unter die sogenannte «passive Sterbehilfe» fällt das bewusste und beabsichtigte Unterlassen von möglicherweise lebensverlängernden medizinischen Massnahmen. Auch die Gabe von schmerzlindernden Medikamenten unter Inkaufnahme einer Verkürzung der verbleibenden Lebenszeit fällt unter diesen Begriff. Eine solche Entscheidung kann im Konflikt zum Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit stehen, die Leitlinien für das ärztliche Handeln und deren Eingriffe sind. Patientinnen und Patienten haben aber auch das Recht, nach reiflicher Überlegung auf weitere Eingriffe zu verzichten und sich stattdessen für rein palliativmedizinische Fürsorge zu entscheiden. Eine Form der passiven Sterbehilfe ist auch das Sterbefasten, bei dem man auf die Einnahme von Nahrungsmitteln verzichtet und so den natürlichen Sterbeprozess beschleunigt.
Frühzeitig Massnahmen treffen
Im Normalfall kann die betroffene Person nach Beratung mit Fachpersonen und Angehörigen die Konsequenzen selbst abschätzen und die für sie selbst richtige Entscheidung treffen. Abhängig von ihrer Krankheit oder ihrem Geisteszustand ist das aber nicht immer der Fall. Zum Beispiel, wenn jemand sich dauerhaft in einem komatösen Zustand befindet oder an Alzheimer in fortgeschrittenem Stadium leidet.
Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, für den Verlust der Urteilsfähigkeit vorzusorgen. Dies können Sie mit einer Patientenverfügung oder einem Vorsorgeauftrag tun. In der Patientenverfügung können Sie festlegen, welche medizinischen Massnahmen Sie ablehnen und welchen Sie zustimmen. Sie können darin bestimmen, wer im Zweifelsfall an Ihrer Stelle Entscheidungen in medizinischen Angelegenheiten treffen darf. Mit dem Vorsorgeauftrag bevollmächtigen Sie bestimmte Personen, Sie im Falle Ihrer Urteilsunfähigkeit in unterschiedlichen, individuell abzusteckenden Belangen zu vertreten (z.B. Vermögensverwaltung oder Rechtsverkehr). Die beiden Dokumente ergänzen einander, wobei die Patientenverfügung in medizinischen Fragen dem Vorsorgeauftrag vorgeht. Haben Sie nichts verfügt, so trifft in Art. 378 ZGB das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht Annahmen über die Vertretungsbefugnis nahestehender Personen (sog. «Entscheidkaskade»: Patientenverfügung/Vorsorgeauftrag > Beistand > Ehegatte/Eingetragener Partner > Konkubinatspartner > Nachkommen > Eltern > Geschwister).
Die Freitodhilfe oder Suizidbeihilfe
Liberaler Rechtsrahmen in der Schweiz
In der Schweiz ist die «Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord», wie in Art. 115 StGB umschrieben, nur dann strafbar, wenn sie aus selbstsüchtigen Beweggründen erfolgt:
Diese abstrakte Formulierung hat weitreichende praktische Folgen für die Freitodhilfe in der Schweiz, da sie im Umkehrschluss den assistierten Suizid straffrei gestattet, wenn die unterstützende Person oder Organisation nicht von eigennützigen Motiven (v.a. Bereicherungsabsicht) geleitet wird. Durch diese Bestimmung gehört die Sterbehilferegelung in der Schweiz zu den europaweit liberalsten und findet einen Kompromiss zwischen dem Recht auf Leben und dem Recht auf einen selbstbestimmten, schmerzfreien Tod.
Freitodhilfe durch gemeinnützige Organisationen
Schweizerische Vereine, die sich der Freitodhilfe sowie ihrer Vorbereitung widmen und Aufklärungsarbeit leisten sind bspw. EXIT, DIGNITAS oder lifecircle. Sie arbeiten gemeinnützig und sind in der ganzen Schweiz vertreten. Da solche Organisationen sehr strengen ethischen Anforderungen unterstehen, sind sie in der Regel nur auf begründeten Antrag von Vereinsmitgliedern bereit, Suizidbeihilfe zu leisten. Die Mitgliedschaftsbeiträge sollen lediglich Spesen und Verwaltungskosten decken, da die Organisationen nicht gewinnorientiert arbeiten dürfen. Als Gründe sind insbesondere eine hoffnungslose und unzweifelhafte Krankheitsprognose, unerträgliche Beschwerden oder nicht zumutbare Einschränkungen des selbstbestimmten Lebens anerkannt.
Diese Voraussetzungen muss die sterbewillige Person erfüllen
Damit sie sterbewillige Personen überhaupt unterstützen dürfen, müssen die Organisationen in der Praxis zumindest die nachfolgenden Voraussetzungen eingehend prüfen:
- Die Person muss zweifellos urteilsfähig, also bei klarem Bewusstsein, sein, wenn sie die Entscheidung zum Freitod trifft. Sie kann die Entscheidung nur selbst treffen und, anders als bei der passiven Sterbehilfe, an keine andere Person delegieren.
- Die oder der Betroffene muss sämtliche Alternativen zur Freitodhilfe gründlich erwogen haben und dennoch dauerhaft auf ihrem Wunsch beharren.
- Ihre Entscheidung muss sie eigenständig treffen und darf dabei nicht von Dritten beeinflusst worden sein (eine Beratung durch Fachpersonen ist aber keineswegs abträglich, sondern sogar wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung).
- Das Sterbemittel (ein Barbiturat, z.B. Natriumpentobarbital) ist eine rezeptpflichtige Substanz, bedarf also der Verschreibung durch einen Arzt. Im Zuge der Untersuchung wird dieser auch die Urteilsfähigkeit beurteilen und eine schriftliche Diagnose stellen.
- Die sterbewillige Person muss die Suizidhandlung, also die Verabreichung des Sterbemittels, eigenhändig vornehmen.
Die aktive Sterbehilfe ist ein Verbrechen
Anders als die obengenannten Massnahmen, kann die aktive Sterbehilfe strafrechtliche Konsequenzen für Sterbehelfer nach sich ziehen. Der entscheidende Unterschied zwischen der (straflosen) Freitodhilfe und der (nach Art. 114 StGB strafbaren) aktiven Sterbehilfe ist die sogenannte Tatherrschaft. Es handelt sich dabei um die Frage, wer die zum Tode führende Handlung vornimmt: Ist dies die sterbewillige Person selbst, so macht sich jemand, der sie lediglich dabei unterstützt (bspw. durch Zurverfügungstellen des Sterbemittels) und kein eigensinniges Interesse an ihrem Tod hat, nicht strafbar. Verabreicht aber eine andere Person die Substanz, so kann sie sich, auch wenn sie dies auf explizites Verlangen und aus achtenswerten Beweggründen tut, eines Vergehens schuldig machen:
Es ist daher für die legale Freitodhilfe unerlässlich, dass die sterbewillige Person nicht nur klaren Verstandes, sondern auch körperlich imstande ist, selbständig entsprechende Handlungen vorzunehmen.
Wieso sollte ich mich mit diesem Thema befassen?
Bei schwerer Krankheit oder grossem Leiden kann es vorkommen, dass Menschen ihre Leben aus eigenem Willen beenden wollen oder einen früheren Tod in Kauf nehmen. Dies, um Lebensqualität zu gewinnen. In der Schweiz ist es anerkannt, dass diese freie Entscheidung Teil der Menschenwürde und des Rechts auf Selbstbestimmung ist. Rund um das Thema “assistiertes Sterben” herrscht aber nach wie vor eine rege und vehemente Debatte.
Wichtig ist, dass Handlungen im Zusammenhang mit begleitetem Sterben wohlüberlegt und nach umfassender Beratung geschehen. Zudem sind nicht alle Hilfsangebote gleichbedeutend.
Die Entscheidung ist schwer und man sollte sie nicht alleine treffen müssen. Deshalb bildet die Sterbebegleitung eine wesentliche Stütze bei der Bewältigung. Auf Wunsch eines Patienten eine Behandlung abzubrechen oder lebensverkürzende Massnahmen für Schmerzlinderung in Kauf zu nehmen fällt unter die inzwischen allgemein akzeptierte passive Sterbehilfe. Freitodhilfe oder Beihilfe zum Suizid kann in der Schweiz legal sein, wenn sie uneigennützig erfolgt und hohen ethischen und medizinischen Standards genügt. Die aktive Sterbehilfe, also das Töten eines Menschen auf dessen Verlangen hin, ist verboten.
Es lohnt sich, sich darüber Gedanken zu machen
- Überlegen Sie sich, ob Sie eine Patientenverfügung oder einen Vorsorgeauftrag errichten möchten. Auf diese Weise können Sie jetzt schon bestimmen, welchen (medizinischen) Massnahmen Sie zustimmen und welchen nicht.
- Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen über medizinische Massnahmen bei unterschiedlichen Situationen, damit diese Ihre Meinung zu diesem Thema kennen.
Weitere Artikel zum Thema
- Unter welchen Voraussetzungen ist Sterbehilfe erlaubt?
- «Wann ist welche Art der Sterbehilfe angebracht?»
- Der Vorsorgeauftrag
- Was kostet Suizidhilfe und wer bezahlt sie?
- Sterbehilfe in der Schweiz, Deutschland und Österreich