Das Wichtigste in Kürze
- Der Willensvollstrecker hat einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung und Ersatz seiner Spesen und Auslagen. Dieser Vergütungsanspruch wird grundsätzlich nach Abschluss der Willensvollstreckung aufgrund einer Schlussabrechnung aus dem Nachlassvermögen bezahlt; Akontozahlungen sind insb. bei längerer Mandatsdauer üblich.
- Die Erblasserin kann im Testament Vorschriften über die Höhe und Bemessungsgrundlagen des Honorars machen. Diese sind grundsätzlich zu berücksichtigen, können aber bei Unangemessenheit durch den Willensvollstrecker oder die Erbinnen und Erben bei Gericht angefochten werden. Bestehen keine Vorschriften, so können die Parteien sich darüber in Verhandlungen frei einigen oder zur Honorarfestsetzung ebenfalls das Gericht anrufen.
- Erweist sich ein verrechnetes Honorar unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insb. Zeitaufwand, Komplexität, Umfang und Dauer des Auftrages sowie übernommene Verantwortung) als unangemessen (d.h. deutlich zu hoch oder zu tief), so wird das Gericht eine Korrektur vornehmen. Als Referenzwerte dienen meist Präzedenzfälle, berufsständische Honorarordnungen
Das schweizerische Zivilgesetzbuch regelt die Willensvollstreckung nur sehr knapp, in zwei kurzen Artikeln. Dementsprechend allgemein ist auch die Regelung des Honoraranspruchs eines Willensvollstreckers oder einer Willensvollstreckerin: «Sie haben Anspruch auf angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit» (Art. 517 Abs. 3 ZGB). Dies lässt zahlreiche Fragen offen: Was ist eine «angemessene Vergütung»? Gibt es Ober- und Untergrenzen? Anhand welcher Kriterien kann der Vergütungsanspruch konkretisiert werden? Wer legt im Streitfall den geschuldeten Betrag verbindlich fest? Und wie kann Streitigkeiten um das Honorar wirksam vorgebeugt werden?
Was ist das Honorar eines Willensvollstreckers, wer bezahlt es und wann?
Der Honoraranspruch des Willensvollstreckers ist zwingend, d.h. er hat selbst dann einen klagbaren Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit, wenn der Erblasser diesen ausschliessen sollte (siehe unten). Daneben hat er Anspruch auf Ersatz von Spesen und Auslagen, z.B. für notwendige Telefonate, Reisen oder den entgeltlichen Beizug von Dritten (wie Banken, Vermögensverwaltern oder Juristinnen). Der Vergütungsanspruch ist der eigentliche «Verdienst» des Willensvollstreckers, während der Spesenersatz ihm diejenigen Kosten ersetzen soll, die er vorübergehend aus eigener Tasche bezahlt hat.
Vergütung und Spesenersatz sind sogenannte Erbgangsschulden, also Nachlasspassiven, die im Zusammenhang mit der Abwicklung der Erbschaft (ent-)stehen. Sie sind als privilegierte Ansprüche vorab aus dem Nachlassvermögen zu begleichen, und zwar unabhängig von der erbrechtlichen Auseinandersetzung: Für die Berechnung der Pflichtteile werden sie vom reinen Nachlass abgezogen, und sie gehen auch den Ansprüchen der Vermächtnisnehmer vor.
Für Vergütung und Spesenersatz haften neben der Erbschaft auch die Erben persönlich und grundsätzlich solidarisch. Mit anderen Worten wird das Honorar des Willensvollstreckers prinzipiell vorab aus dem Nachlassvermögen bezahlt, und wenn sich darin nicht genügend liquide Mittel befinden, müssen die Erben dies mit ihrem eigenen Geld tun.
Vergütung und Spesenersatz sind grundsätzlich bei Beendigung der Tätigkeit fällig. Der Willensvollstrecker ist den Erbinnen und Erben Rechenschaft schuldig. Das bedeutet auch, dass er seine Ansprüche in einer Schlussabrechnung ausweisen muss (und sich das Honorar nicht einfach eigenmächtig selbst auszahlen darf.
Bei einem länger dauernden Mandat hat der Willensvollstrecker aber immerhin das Recht, selbstständig zulasten des Nachlasses Akontozahlungen zu beziehen. Im Gegenzug ist er zur Vorlage von periodischen Zwischenabrechnungen über seine geleistete Arbeit und bezogene Vergütung verpflichtet.
Können Erblasser oder Erben das Honorar des Willensvollstreckers festsetzen?
Ein Willensvollstrecker wird laut Gesetz vom Erblasser «in einer letztwilligen Verfügung […] mit der Vollstreckung seines Willens» beauftragt (entgegen dem Wortlaut ist dies auch in einem Erbvertrag möglich). Da das Gesetz nur wenige Vorschriften macht, ist vieles der freien Entscheidung des Erblassers überlassen – dies gilt neben dem konkreten Inhalt des Willensvollstreckungsmandats auch für die Festsetzung der Vergütung, solange diese, wie das Gesetz vorschreibt, «angemessen» ist.
Der Erblasser kann die Höhe der Vergütung oder den Tarif grundsätzlich frei beschliessen oder eine betragsmässige Obergrenze für das Honorar vorschreiben. Solche Anordnungen sind aber nach der Rechtsprechung nicht immer verbindlich: Der Willensvollstrecker kann eine Erhöhung verlangen, wenn die festgesetzte bzw. berechnete Vergütung sich als zu tief erweisen sollte. Umgekehrt können auch die Erben eine Ermässigung des Honorars verlangen, falls sich dieses den Umständen nach als zu hoch herausstellen sollte.
Ein Teil der juristischen Lehre ist davon abweichend der Auffassung, der Erblasser solle das Honorar verbindlich festlegen (und sogar ganz ausschliessen) können, denn niemand sei verpflichtet, das Willensvollstreckeramt anzunehmen, wenn er mit den Konditionen nicht einverstanden sei.
Komplizierte Fragen stellen sich auch, wenn ein Erblasser im Testament unangemessen hohe Vergütungen festlegt. Solche können teilweise – im Umfang, in dem sie eine «angemessene Vergütung» überschreiten – als Vermächtnis (Legat) qualifiziert werden. Sie gelten dann nicht als Erbgangsschulden (siehe oben), sondern unterstehen den Bestimmungen des Erbrechts. Das bedeutet u.a., dass sie mit der Ungültigkeits– oder Herabsetzungsklage angefochten werden können, falls das Testament formale oder inhaltliche Mängel aufweist oder Pflichtteile verletzt. Legt der Erblasser eine finanzielle Leistung zugunsten des Willensvollstreckers fest, so muss das Gericht durch Auslegung des Testaments ermitteln, ob es sich um die Willensvollstrecker-Vergütung, ein Legat oder allenfalls einen anderen Rechtsgrund handelt (siehe Beispiel unten).
Zusammengefasst bedeutet das, dass der Erblasser Vorschriften über die Honorarbemessung machen kann und darf, und dass diese grundsätzlich – aber eben nicht ausnahmslos – zu berücksichtigen sind. Über- oder unterschreitet das anhand dieser Vorschriften ermittelte Honorar aber eine gewisse Spannbreite, die noch als «angemessene Vergütung» gelten kann, so kann das Gericht auf Verlangen des Willensvollstreckers oder der Erben davon abweichen.
Sofern keine Anordnungen durch die Erblasserin getroffen wurden, kann der Willensvollstrecker mit den Erbinnen und Erben die Bemessungsgrundlagen oder die Höhe des Honorars vereinbaren. Eine solche, einvernehmlich festgelegte Vergütung kann durch das Gericht grundsätzlich nicht mehr auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden (dies wurde vom Bundesgericht in BGE 138 III 449 entschieden). Die Erben können das Willensvollstrecker-Honorar hingegen nicht einseitig festlegen.
Wie wird beurteilt, ob ein Willensvollstrecker-Honorar angemessen ist?
Die mehrfach erwähnte «Angemessenheit» wird vom Gesetz nicht definiert. Nach der vom Bundesgericht entwickelten Formel kann die Höhe der angemessenen Vergütung nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festgesetzt werden. Sie muss der aufgewendeten Zeit, der Komplexität, dem Umfang und der Dauer des Auftrages sowie der damit verbundenen Verantwortung Rechnung tragen (siehe z.B. den Bundesgerichtsentscheid BGE 129 I 330):
- Der Zeitaufwand des Willensvollstreckers sollte möglichst genau aufgezeichnet werden. Denn nicht jeder Zeitaufwand ist verrechenbar, sondern nur ein solcher, der sich durch die Natur und Eigenheiten des Mandats rechtfertigen lässt.
- Unter das Kriterium der Komplexität fallen bspw. die Spezialkenntnisse eines Rechtsanwaltes, Notars oder Vermögensverwalters, die wegen einer besonderen Berufsqualifikation eine höhere Vergütung rechtfertigen können. Eine Willensvollstreckung ergibt vor allem in komplexen Erbfällen Sinn, bei denen es um grosse Nachlassvermögen, weitläufige Verwandtschaften oder heikle Unternehmensnachfolgen geht.
- Der Umfang des Mandats hängt oft mit seiner Komplexität zusammen: Die Einsetzung einer neutralen, fachkundigen und vertrauenswürdigen Person mit weitreichenden Kompetenzen ist eines der effektivsten Mittel, um langwierigen Erbstreitigkeiten vorzubeugen (wenngleich sich diese freilich nie ganz ausschliessen lassen).
- Auch die Dauer des Mandats steht in einer Wechselwirkung mit den anderen Faktoren: Ein komplexer Erbfall generiert in aller Regel einen grösseren Zeitaufwand als ein einfacher und wird umfangreichere Kompetenzen des Willensvollstreckers erforderlich machen. Aufgrund dessen kann es Monate oder Jahre, manchmal gar Jahrzehnte dauern, bis der Willensvollstrecker seine Tätigkeit beenden kann – insb. wenn aufwändige Gerichtsprozesse geführt werden müssen.
- Für die Verantwortung ist namentlich der Wert des Nachlassvermögens von Bedeutung, nach der Rechtsprechung jedoch nicht allein ausschlaggebend; der effektive Arbeitsaufwand muss im Vordergrund stehen. Wenn der Willensvollstrecker nach den Umständen und seinen Fähigkeiten nachlässig gehandelt hat, können auch Abzüge von seinem Honorar gemacht werden.
Zur weiteren Konkretisierung der Angemessenheit wird oft auf in vergleichbaren Konstellationen übliche Honoraransätze als (unverbindliche) Anhaltspunkte abgestellt. So kann es bspw. sinnvoll sein, zur Ermittlung eines üblichen Ansatzes auf Präzedenzfälle, berufsständische Honorarordnungen oder kantonale Tarife zurückzugreifen. Je nach Qualifikation und Aufgabenbereich des Willensvollstreckers lässt sich seine Tätigkeit z.B. mit derjenigen eines Treuhänders (wenn Erbschaftsvermögen längerfristig verwaltet und angelegt werden soll) oder eines Rechtsanwalts vergleichen (wenn etwa offene Forderungen des Erblassers gegenüber dessen Schuldnern eingeklagt werden müssen). Dann kann die Honorarordnung für Vermögensverwalter oder Anwälte des Tätigkeitskantons als Referenz genommen werden, um eine angemessene Vergütung zu bestimmen. Daher kann es für Erblassende Sinn ergeben, im Testament einen Stundenansatz festzulegen oder auf eine konkrete, sachgerecht erscheinende Tarifordnung zu verweisen.
Was können Erbinnen und Erben gegen überhöhte Honorarforderungen unternehmen?
Erbinnen und Erben, die mit dem Verhalten des Willensvollstreckers nicht einverstanden sind, können sich grundsätzlich an zwei Stellen wenden: Die eine ist die kantonale Aufsichtsbehörde, die andere ist das zuständige Zivilgericht am letzten Wohnsitz der Erblasserin. Welche Stelle im Einzelfall zuständig ist, bestimmt sich nach dem konkreten Anliegen der Erben bzw. dem Gegenstand ihrer Beschwerde oder Klage. Vergütung und Spesenersatz sind im Streitfall durch das Gericht festzulegen und nicht durch die Aufsichtsbehörde. Diese kann aber u.a. den Willensvollstrecker absetzen, wenn er seine Pflichten verletzt. Das Gericht wendet die oben erwähnten Grundsätze an, um die Angemessenheit eines Honoraranspruchs zu beurteilen bzw. ein angemessenes Honorar festzusetzen.
Ein kurzes Berechnungsbeispiel zur Veranschaulichung: Wenn der passende Tarif (z.B. die Verordnung über die Anwaltsgebühren des Kantons Zürich) ein Stundenhonorar von CHF 250 vorsieht, und für die Willensvollstreckung 36 Stunden Arbeitsaufwand nötig wurden, hat die Willensvollstreckerin Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von CHF 9’000.
Hat der Erblasser im Testament ein pauschales Honorar von CHF 10’000 festgesetzt, so kann dieses wohl noch als angemessen gelten und wird von einem angerufenen Gericht bestätigt werden. Hat der Erblasser hingegen ein Honorar von bloss CHF 2’000 oder über CHF 20’000 zugesprochen, so wird eine Korrektur in Richtung des üblichen Tarifs vorzunehmen sein.
Je nach den Umständen und den Anträgen der Parteien kann das Gericht aber auch einen Betrag zusprechen, der höher ist als das angemessene Honorar. In diesem Fall wird es den Mehrbetrag aber als erbrechtliche Forderung (Vermächtnis; siehe oben) behandeln. Massgeblich ist, was sich aus dem Testament als letzter Wille des Erblassers ergibt.
Gerade in komplexeren Fällen kann es schwierig sein, die Angemessenheit eines Willensvollstrecker-Honoraranspruchs einzuschätzen. Dann empfiehlt es sich, eine Beratung mit juristischen Fachpersonen in Anspruch zu nehmen. Diese können aufgrund ihrer Erfahrung besser beurteilen, ob die Anfechtung eines Honorars Erfolg verspricht oder nicht, und allenfalls auch die Vertretung in Vergleichsverhandlungen oder einem Gerichtsprozess übernehmen.