Was darf die KESB (nicht)?

Familienangelegenheiten sind eine private Sache, und die Intervention der KESB führt nicht selten zu Unzufriedenheiten der betroffenen Parteien. Im Falle, dass die KESB eingeschaltet wird, ist es daher wichtig zu wissen, was sie darf und was nicht.

Was ist die KESB?

  • Bei der KESB handelt es sich um eine Behörde, die im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes Entscheidungen trifft und Massnahmen anordnet. Die Kantone haben in puncto Verfahren, Aufsicht, Ausgestaltung und Organisation einen weiten Ermessensspielraum. Z.B. ist die KESB im Kanton Aargau eine Gerichtsbehörde, wohingegen sie im Kanton Zürich als Verwaltungsbehörde ausgestaltet ist.
  • In organisatorischer, personeller und finanzieller Hinsicht können die kantonalen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden also kaum direkt miteinander verglichen werden.

Nach welchen Grundsätzen handelt die KESB?

Jegliches Handeln der KESB muss – wie bei allen staatlichen Organen – auf einer gesetzlichen Grundlage basieren. Im Umkehrschluss heisst dies also, dass das Handeln der KESB nicht ohne Grenzen erfolgen darf.

Es ist schwer, jegliche Konstellationen abzudecken, was die KESB darf bzw. nicht darf. Allerdings gibt es einige wichtige Grundsätze, an die sich die KESB halten muss:

  1. Achtung der Menschenrechte: Die KESB darf keine Massnahmen ergreifen, die die grundlegenden Menschenrechte einer Person verletzen, einschliesslich des Rechts auf Privatsphäre, Freiheit und persönliche Autonomie.
  2. Willkürliches Handeln: Die KESB darf keine willkürlichen Entscheidungen treffen oder willkürlich in das Leben einer Person eingreifen. Alle Entscheidungen müssen auf relevanten Fakten und angemessenen rechtlichen Grundsätzen, wie z.B. dem Subsidiaritätsprinzip und dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz, beruhen.
  3. Missbrauch ihrer Befugnisse: Die KESB darf ihre Befugnisse nicht missbrauchen, um persönliche Ziele zu verfolgen oder Personen zu schikanieren.
  4. Vernachlässigung von Pflichten: Die KESB hat die Pflicht, im besten Interesse der betroffenen Personen zu handeln. Daher darf sie keine Massnahmen unterlassen, die erforderlich sind, um das Wohl der Kinder oder schutzbedürftigen Erwachsenen zu gewährleisten. Gleichzeitig muss sie jedoch eine angemessene Lösung finden, die die Autonomie der betroffenen Personen am wenigsten einschränkt.
  5. Diskriminierung: Die KESB darf basierend auf Diskriminierung wegen Geschlecht, Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder anderer persönlicher Merkmale keine Entscheidungen treffen oder Massnahmen ergreifen.

Um diese Begriffe greifbarer zu machen, werden im Folgenden zwei fiktionale Fälle vorgestellt.

Beispiel 1: Arthur ist 83-jährig und lebt allein ohne Verwandte. Er hat diverse altersbedingte Beschwerden und ist aufgrund der beginnenden Demenz zunehmend verwirrt, weshalb ihm die Aufgaben rund um den Haushalt und seine finanziellen Belange zunehmend schwerfallen. Arthur möchte aber unter keinen Umständen in ein Alters- bzw. Pflegeheim. Wegen eines Sturzes und einem notfallmässigen Aufenthalt im Spital wird der Sozialdienst des Spitals auf die Situation aufmerksam. Der Sozialdienst gelangt mittels Schreiben an die KESB und beantragt die Prüfung einer erwachsenenschutzrechtlichen Massnahme.


Die KESB wird in einem solchen Fall die Situation eruieren und für Arthur eine geeignete Massnahme finden. Da Arthur keine Verwandten hat, wäre in seinem Fall eine Begleitbeistandschaft naheliegend. Arthur ist nach wie vor handlungsfähig und bekäme nur in bestimmten Bereichen der Personen- und Vermögenssorge Unterstützung.

Übertrieben wäre es hingegen, Arthur einer umfassenden Beistandschaft zu unterstellen. Sollte sich die Situation von Arthur stark verschlechtern, ist eine neue Überprüfung und gegebenenfalls eine weiterreichende Beistandschaft notwendig.
Eine Übersicht über die verschiedenen Arten von Beistandschaften finden Sie hier

Beispiel 2: Die jungen Eltern Tamara und Paul sind mit der Erziehung ihrer sehr rebellischen 6-jährigen Tochter Anna zunehmend überfordert. Anna hat einen sehr starken Willen und beginnt weinend um sich zu schlagen, sobald diesem nicht nachgekommen wird. Dennoch geben sich die Eltern grosse Mühe, Anna ein stabiles Elternhaus zu bieten, namentlich indem sie ihr Zuneigung schenken, gesund kochen, sich um sie kümmern und ihr mit den Hausaufgaben helfen. Gleichwohl wollen sie die Vorkommnisse innerhalb der Familie klären und sie sind der Meinung, dass sie keine Hilfe wollen. Die Lehrerin von Anna wird aufmerksam, da Annas Verhalten auch in der Schule Probleme bereitet und sucht das Gespräch mit den Eltern. Diesen ist die Situation sichtlich unangenehm und peinlich, weshalb sie ein Gespräch ablehnen. Die Lehrerin erstattet eine Gefährdungsmeldung an die KESB, da sie vermutet, dass Anna vernachlässigt wird.

In einem solchen Fall wird die KESB mit den Eltern von Anna zusammensitzen und eine geeignete Massnahme suchen. Anna fehlt es eigentlich an nichts und ihr Kindeswohl ist, wenn überhaupt, bloss geringfügig gefährdet, da die Eltern lediglich erzieherisch am Anschlag sind. Die KESB kann die Eltern bspw. dazu anweisen, eine sozialpädagogische Familienbegleitung aufzusuchen, ohne ihnen gleich die elterliche Sorge zu entziehen.

Sollte sich die Situation nach erneuter Evaluation nicht verändert oder sogar verschlechtert haben, könnte gegebenenfalls eine Erziehungsbeistandschaft angeordnet werden. Nur wenn das Kindeswohl von Anna wegen Vernachlässigung tatsächlich gefährdet sein sollte, wäre eine weitreichende und einschneidende Massnahme wie bspw. die Fremdplatzierung angezeigt.

Wie und durch wen werden getroffene Massnahmen umgesetzt?

Angeordnete Massnahmen werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht von der KESB selbst, sondern häufig durch Beistandspersonen ausgeführt. Letztere sind sodann auch die Personen, die regelmässig Standortbestimmungen durchführen, Ziele mit den betroffenen Personen festlegen, Kontakte mit dem Umfeld der betroffenen Person und Rücksprache mit der KESB halten, sowie Anträge an die KESB stellen. Auch Beistandspersonen haben sich an die gesetzlichen Grundlagen zu halten und sind in ihrem Handeln nicht frei.

Wie kann man sich wehren?

Wie man als betroffene Person vorgehen kann, bestimmt sich in erster Linie danach, wer die jeweiligen Entscheide und Massnahmen getroffen, resp. die entsprechende Handlung vorgenommen hat.

Gegen jedes Tun oder Unterlassen der Beistandsperson kann die zuständige KESB selbst angerufen werden. Sollten Sie als betroffene Person hingegen nicht mit einer Entscheidung oder Massnahme der KESB einverstanden sein, steht Ihnen der Beschwerdeweg offen. Die Angelegenheit wird dann durch das zuständige (kantonale) Gericht überprüft. Aufgrund der kantonalen Unterschiede ist es ratsam, sich bei den kantonalen Behörden zu informieren. Grundsätzlich wird aber mit jedem Entscheid der KESB eine Rechtsmittelbelehrung abgegeben, wo Sie die entsprechenden Informationen entnehmen können.

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