Verfügungsfähigkeit im Allgemeinen
Die Verfügungsfähigkeit ist die rechtliche Befugnis, gültig eine letztwillige Entscheidung in einer Erbangelegenheit zu treffen. Somit handelt es sich dabei um das erbrechtliche Pendant zur Handlungsfähigkeit bei Rechtsgeschäften unter Lebenden. Verfügungsfähig ist, wer urteilsfähig und volljährig, also mindestens 18 Jahre alt, ist.
Urteilsfähigkeit im Besonderen
Die Urteilsfähigkeit setzt zunächst voraus, dass der Verfügende imstande ist, sich einen Willen hinsichtlich des Erbfalles zu bilden. Er muss also Kenntnis von Erbsachen, Erblasser und Erben/Vermächtnisnehmern sowie den Instituten des Erbrechts haben. Juristische Fachkenntnisse sind natürlich nicht erforderlich. Es geht darum, Ahnung zu haben, wie man überhaupt (ver-)erben kann. Hilfreich kann es dennoch sein, Rat von Personen mit Wissen um die Funktionsweise des schweizerischen Erbrechts einzuholen. Dies hilft bei Unsicherheiten Klarheit zu schaffen.
Des Weiteren muss es dem Verfügenden möglich sein, seinen korrekt gebildeten Willen umzusetzen. Konkret bedeutet dies, dass er ihn angemessen und frei von Einflüssen Dritter kundtun kann.
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird die Urteilsfähigkeit grundsätzlich vermutet. Ihr Fehlen ist also von demjenigen zu beweisen, der dies mittels Ungültigkeitsklage behauptet. Gründe für Urteilsunfähigkeit können z.B. eine geistige Behinderung bzw. Störung oder Rauschzustände sein. Auch eine diagnostizierte Demenz fällt darunter.
Die Urteilsfähigkeit ist relativ in sachlicher (also in Bezug auf die Komplexität der Rechtshandlung) und zeitlicher Hinsicht (bezogen auf Dauer allfälliger Urteilsunfähigkeit, die permanent oder temporär vorliegen kann).
Was muss bei wem vorliegen?
Wer verfügungsfähig sein muss, hängt von der Ausgestaltung des betreffenden Geschäfts ab. Beim einseitigen Testament muss ausschliesslich die verfügende Person, also der Erblasser, beim Aufsetzen verfügungsfähig sein. Testamentarische Erben können demnach auch Minderjährige oder Urteilsunfähige sein.
Beim zwei- oder mehrseitigen Erbvertrag müssen zumindest alle Parteien, die sich zu einer vertraglichen Leistung verpflichten, handlungs- bzw. verfügungsfähig sein. Handlungsfähigkeit ist für Leistungen zu Lebzeiten erforderlich, Verfügungsfähigkeit für solche auf den Ablebensfall. Wer diese nicht aufweist, bedarf zum gültigen Vertragsschluss der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ein Teil der Lehre verlangt aufgrund der Erbenhaftung auch für Minderjährige, die sich zu keiner Leistung verpflichten, der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
Verfügungsformen und -mängel
Der letzte Wille muss nicht nur gültig sein in seiner Bildung und Umsetzung, sondern auch in Form und Inhalt. Aufgrund der Tatsache, dass der Erblasser nach Eintritt des Todes seinen Willen nicht mehr äussern kann, stellt das Erbrecht formale Anforderungen an die Gestaltung letztwilliger Verfügungen.
Ein Testament kann entweder handschriftlich erstellt, durch einen Notar öffentlich beurkundet oder in Ausnahmefällen auch mündlich festgehalten werden. Während das handschriftliche Testament kostengünstig und einfach abzuändern ist, bietet die öffentliche Verfügung maximale Rechtssicherheit, nicht zuletzt durch kompetente Beratung. Ein Erbvertrag bedarf, wie auch ein Ehevertrag, in jedem Falle der öffentlichen Beurkundung.
Formmängel machen das Testament mittels Ungültigkeitsklage anfechtbar, in besonders gravierenden Ausnahmefällen sogar nichtig.
Inhaltliche Mängel, bspw. die Verletzung von Pflichtteilen, können die Betroffenen, je nach ihrer Natur, zur Ungültigkeitsklage, Herabsetzungsklage, Klage auf Auskunftserteilung oder zur Klage auf Feststellung bzw. Aberkennung der Erbenqualität legitimieren. Im Extremfall können sie sogar zur Nichtigkeit führen. Die Klagen können erst nach Ableben des Erblassers und Eröffnung des Testaments erhoben werden.
Wer gültig über seinen Nachlass verfügen möchte, kann dies innerhalb der gesetzlichen Schranken mittels Testament oder Erbvertrag tun. Dazu muss er verfügungsfähig, also volljährig und urteilsfähig sein. Beim Testament gilt dies für den Erblasser, beim Erbvertrag meist auch für die anderen Vertragsparteien. Neben den Urhebern muss auch die letztwillige Verfügung selbst zu ihrer Gültigkeit gewisse Anforderungen erfüllen. Dabei sind besonders die Form und der Inhalt zu beachten.