Wie geht es nach der Testamentseröffnung weiter?

Im schweizerischen Erbrecht müssen nach der Testamentseröffnung mehrere Schritte durchlaufen werden, bevor der Nachlass vollständig abgewickelt und verteilt werden kann. Dieses Verfahren kann sich unter Umständen in die Länge ziehen und ist mit Kosten verbunden. Dieser Beitrag soll Ihnen eine grobe Übersicht über das Verfahren nach der Testamentseröffnung geben.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Nach dem Tod muss das Testament bei der zuständigen kantonalen Behörde eingereicht werden. Alle Erben und Begünstigten werden über den Inhalt informiert.
  • Der Erbschein bestätigt die Erbberechtigung und ist in der Regel notwendig, um über das Erbe zu verfügen. Er muss von den Erben beim zuständigen Amt beantragt werden.
  • Vor der Verteilung des Nachlasses müssen Schulden und Verpflichtungen des Verstorbenen beglichen werden. Diesen Vorgang nennt man Schuldenbereinigung.
  • Die Erben müssen in der Erbenauseinandersetzung eine Einigung über die Aufteilung des Nachlasses finden. Dies kann durch Lose oder einen Erbteilungsvertrag geschehen.
  • Das gesamte Verfahren kann unter Umständen lange dauern und auch Geld kosten.

Was ist eine Testamentseröffnung?

Hinterlässt eine verstorbene Person ein Testament, so sind sämtliche Erben und Vermächtnisnehmerinnen, sowie gegebenenfalls Dritte verpflichtet, dieses bei der zuständigen kantonalen Behörde einzureichen. Zuständig ist die Behörde am letzten Wohnsitz der verstorbenen Person (siehe Art. 556 ZGB). Dies ist auch der Fall, wenn ein Testament als ungültig erachtet werden sollte.

Nach Einreichung des Testaments erfolgt die Testamentseröffnung durch jene kantonale Behörde. Die Kantone haben unterschiedliche Regelungen betreffend zuständiger Nachlassbehörde. Je nach Kanton kann dies bspw. die Teilungsbehörde, das Regierungsstatthalteramt, ein Notariat oder dergleichen sein.

Im Zuge der Testamentseröffnung werden alle Erben und potenziell begünstigte Personen über den Testamentsinhalt informiert und erhalten auf Verlangen hin und auf Kosten des Nachlasses eine Abschrift. Sollten nicht alle Erben und Erbinnen bekannt sein, so erfolgt ein öffentlicher Aufruf, der sogenannte Erbenruf. Die Kosten für die Testamentseröffnung richten sich nach der Höhe des Nachlasses und dem getätigten Aufwand (Anzahl Zustellungen, Erbenermittlung, Komplexität des Falles usw.). Im Kanton Zürich bspw. wird eine Gebühr zwischen CHF 300.– und CHF 7’000.– erhoben. Hinzu kommen anfallende Kosten für das Einholen von Zivilstandsurkunden, Dokumenten und Auskünften.

Wie geht es weiter?

Als erstes: Der Erbschein

Die Verwaltung des Nachlasses obliegt den Erben, es sei denn, ein Willensvollstrecker wurde im Testament benannt; dieser übernimmt dann die Nachlassverwaltung. Zur weiteren Abwicklung und Verwaltung des Nachlasses ist in aller Regel ein Erbschein notwendig. Dieser gibt darüber Auskunft, wer erbberechtigt ist. Mit anderen Worten kann man sich mithilfe eines Erbscheins gegenüber Dritten (z.B. Bank) als Erbe oder Erbin ausweisen. Die Beantragung eines Erbscheins ist zu empfehlen, denn ohne einen solchen kann i.d.R. nicht über das Vermögen der verstorbenen Person verfügt werden, und es muss bis zum Abschluss der Erbteilung gewartet werden, um Zugriff auf den Nachlass zu erhalten.

In der Schweiz wird dieser jedoch nicht von Amtes wegen, d.h. automatisch und von Gesetzes wegen, ausgestellt, sondern kann – sobald alle Erbenden zweifelsfrei festgestellt wurden oder nach Ablauf eines Monats nach der Testamentseröffnung – von den berechtigten Personen beim zuständigen Amt beantragt werden. Liegt weder ein Testament noch ein Erbvertrag vor, können die gesetzlichen Erben und Erbinnen einen Erbschein beantragen, ohne die Testamentseröffnung abzuwarten.

Falls die Erbberechtigung von eingesetzten Erben infrage gestellt wird, so wird die Erbschaft vorläufig nicht weiter abgewickelt und gegebenenfalls ist die Einsetzung einer Erbschaftsverwaltung von Nöten. Den gesetzlichen Erben wird binnen Monatsfrist eingeräumt, die Berechtigung der eingesetzten Erbinnen mit einer Einsprache zu bestreiten.

Für die Beantragung eines Erbscheins werden regelmässig verschiedene Dokumente benötigt:

  • Kopie des Totenscheins (wird vom Zivilstandsamt ausgestellt)
  • Nachweis der Erbberechtigung (bspw. bei gesetzlichen Erben mithilfe eines Zivilstandsregister-Auszugs)
  • Annahmeerklärung der Erbschaft

Je nach Komplexität des Falles muss mit der Dauer von sechs bis zwölf Wochen gerechnet werden, bis die Prüfung durch die Behörde erfolgt ist und ein Erbschein ausgestellt wird. Ausserdem können bis zu drei Monaten vergehen, bevor allen berechtigten Personen der Erbschein ausgestellt werden kann. In dieser Zeit müssen nämlich alle berechtigten Erben und Erbinnen entscheiden, ob sie das Erbe überhaupt antreten oder ob sie das Erbe ausschlagen wollen.

Die anfallenden Kosten sind von Fall zu Fall verschieden und können im drei- bis vierstelligen Bereich liegen. Beachten Sie ausserdem, dass je nach Gegebenheiten der Erbschaft mehrere Erbscheine bestellt werden sollten. Denn einige Behörden wie z.B. das Grundbuchamt verlangen immer ein Original, während bei anderen Behörden und Institutionen eine Kopie ausreicht.

Wichtig: Der Erbschein ist keine endgültige Berechtigung an der Erbschaft und stellt bloss eine provisorische Berechtigung dar. Es ist nach wie vor möglich, dass die anderen Erbinnen das Testament anfechten, indem sie bspw. eine Ungültigkeitsklage oder eine Herabsetzungsklage anstreben.

Und danach?

Bevor eine Verteilung stattfinden kann, müssen in der Regel zuerst alle Vermögenswerte, Schulden und sonstigen Verpflichtungen des Erblassers in einem – auf Verlangen öffentlichen – Inventar aufgelistet werden. Danach erfolgt eine Schuldenbereinigung, bei der alle Verpflichtungen und Schulden wie bspw. offenen Rechnungen, Kredite und dergleichen beglichen werden. Erst danach kann der verbleibende, bereinigte Nachlass entsprechend den Anordnungen im Testament verteilt werden. Bei mehreren Erben muss eine Einigung über die Aufteilung des Nachlasses erzielt werden, was als Erbauseinandersetzung bezeichnet wird.

Die Erbengemeinschaft hat zwei Möglichkeiten, die Erbauseinandersetzung zu vollziehen: Entweder bildet sie  «Lose» und teilt diese untereinander auf oder die Erben schliessen einen Erbteilungsvertrag darüber ab, wer welche Vermögenswerte erhält. Dieser Vertrag muss von allen Erben handschriftlich unterzeichnet werden. Beachten Sie ausserdem, dass je nach Kanton und Verwandtschaftsgrad Erbschaftssteuern anfallen können. Für die Berechnung wird je nach Kanton häufig das Inventar beigezogen. Die Erben müssen die Erbschaftssteuerklärung einreichen und die entsprechenden Steuern bezahlen.

Nach der Begleichung aller Schulden und Steuern wird der verbleibende Nachlass gemäss einem der beiden Verfahren aufgeteilt, wodurch die Erbengemeinschaft aufgelöst wird. Jeder Erbe wird so zum neuen Eigentümer des ihm zugewiesenen Vermögens. Bei Uneinigkeit kann ein Gericht eingeschaltet werden, um die Erbteilung zu regeln. Nachdem alle Vermögenswerte verteilt und alle Schulden beglichen sind, wird der Erbfall formell abgeschlossen.

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