Fachanwalt – Notar: Was unterscheidet sie?

Juristische Berufe gibt es einige, wobei sich die Arbeiten und Voraussetzungen wesentlich unterscheiden. Während der Fachanwalt sich auf ein Fachgebiet spezialisiert und vom Anwaltsverband geprüft wird, sind notarielle Tätigkeiten kantonal geregelt und variieren daher.

Ausbildung und Qualifikationen

Der Anwalts- und der Notarberuf sind neben dem Richteramt klassische juristische Karrierewege. Als solche setzen sie ein Grundstudium der Rechtswissenschaften voraus, wie es die meisten schweizerischen Universitäten anbieten. Die weitere Laufbahn wird stark durch die kantonalen Vorschriften und Berufsverbände bestimmt, welche sehr unterschiedlich ausfallen können.

Fachanwalt

Der Berufstitel «Fachanwalt» wird vom Schweizerischen Anwaltsverband (SAV) auf den Gebieten Erbrecht, Familienrecht sowie ferner Arbeitsrecht, Bau- und Immobilienrecht, Haftpflicht- und Versicherungsrecht, Strafrecht und Mietrecht verliehen.

Zum Erwerb einer dieser besonderen Qualifikationen ist es zunächst erforderlich, ein Rechtsanwaltspatent zu besitzen und in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen zu sein. Die Grundlagen der Anwaltstätigkeit in der Schweiz wurden im Jahr 2000 mit dem Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) harmonisiert. Die Zulassung als Rechtsanwältin bzw. als Rechtsanwalt setzt ein mehrjähriges juristisches Studium und das Bestehen eines kantonalen Staatsexamens voraus. Zudem wird ein Nachweis über vorgängige Arbeitserfahrung verlangt (Substitutenjahr oder Anwaltspraktikum). Die Qualifikation zum Fachanwalt setzt darüber hinaus mehrjährige weitere Berufstätigkeit voraus.

Die eigentliche Ausbildung zum spezialisierten Fachanwalt erfolgt im Rahmen von mehrmonatigen Kursen, organisiert durch den SAV und abgehalten von Expertinnen und Experten auf dem jeweiligen Gebiet. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Fachpersonen, die nicht anwaltlich tätig sind, wie eben Notare oder Richter, zur Fachanwaltsausbildung zugelassen werden. Massgeblich sind die Reglemente des SAV. Am Ende der Kurse folgt eine Abschlussprüfung, nach deren Bestehen die Absolventinnen und Absolventen ein Zertifikat des Schweizerischen Anwaltsverbands erhalten. Bis sie den Titel «Fachanwalt/Fachanwätlin SAV» führen dürfen, kann es noch weiterer Schritte wie einem Fachgespräch bedürfen.

Notar

Während für den Anwaltsberuf – wie oben erläutert – eine bundesrechtliche Mindestharmonisierung gilt, ist das Notariatswesen Sache der Kantone. Dies betrifft also die Regelung von Zuständigkeiten und Verfahren zur öffentlichen Beurkundung. Einzelne Kantone in der Zentral- und Ostschweiz setzen für die Ausübung des Notarberufs ein Anwaltspatent voraus. Wieder andere Kantone schreiben – im Gegensatz zum BGFA – vor, dass ihre Notare das schweizerische Bürgerrecht besitzen müssen.

Die Ausbildungs- und Berufslaufbahnen zeichnen hier in der Folge ein noch deutlich diverseres Bild. Der markanteste Unterschied zwischen den Kantonen ist derjenige zwischen dem Amtsnotariat und dem freiberuflichen Notariat. Im ersten Fall sind die Urkundspersonen Beamte, also beim Staat (Kanton) angestellt und von eben diesem entlohnte Notare. Im zweiten Fall arbeiten die Notarinnen und Notare in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung. Dieses System ist also dem selbstständigen Anwaltsberuf wesentlich näher – allerdings nur in Bezug auf Arbeitsorganisation und Kostenstrukturen. Um Ihnen aufzuzeigen, was dies für den Karriereweg in den einzelnen Kantonen bedeutet, haben wir als Beispiel für das Amtsnotariat den Kanton Zürich herangezogen, für das freie Notariat den Kanton Bern.

In Zürich können Absolventinnen und Absolventen der Sekundarschule direkt eine Notariatslehre beginnen, die drei Jahre dauert und aus einem theoretischen sowie einem praktischen Teil besteht. Der Abschluss kann als Kauffrau/Kaufmann EFZ Notariate Schweiz mit oder ohne Berufsmaturität erfolgen. Für die Zulassung zum Notariatsstudiengang der Universität Zürich genügt der Nachweis über den Lehrabschluss. Diese Ausbildung im Umfang von 90 ECTS richtet sich an Studierende, die im Hinblick auf den Erwerb des Wahlfähigkeitszeugnisses für Notarinnen und Notare des Kantons Zürich vertiefte Kenntnisse im Notariats-, Grundbuch- und Konkursrecht erwerben müssen. Nach bestandener Notariatsprüfung und zweijähriger Tätigkeit als Notar-Stellvertreter ist eine Kandidatur zur Volkswahl als Amtsnotar möglich.

Anders im Kanton Bern: Hier führt an der Matura und einem juristischen Vollstudium kein Weg vorbei. Nach dessen Abschluss ist die Weiterbildung in Theorie und Praxis zur Notarin bzw. zum Notar möglich, abermals gefolgt von einer staatlichen Notariatsprüfung. Wer diese bestanden hat und ein Handlungsfähigkeitszeugnis, einen guten Leumund sowie weitere Voraussetzungen gemäss kantonaler Notariatsverordnung vorweisen kann, ist berechtigt, sich im Notariatsregister eintragen zu lassen und den freien, wissenschaftlichen und öffentlichen Notarberuf auf eigene Rechnung und Verantwortung auszuüben.

Aufgaben und Tätigkeitsbereiche, Gebühren und Honorare

Auch wenn es gewisse Überschneidungen zwischen Anwalts- und Notarberuf gibt, kann der eine den anderen nicht einfach ersetzen. Ihre Kernkompetenzen sind nämlich grundverschieden: Anwältinnen prozessieren in Rechtsstreitigkeiten vor Gericht, Notare hingegen erfüllen hoheitliche Aufgaben und sind der sogenannten «nichtstreitigen Gerichtsbarkeit» zuzuordnen.

Fachanwalt

Fachanwältinnen sind grundsätzlich auf denselben Rechtsgebieten tätig wie ihre Kollegen ohne diesen Zusatztitel. Sie haben kein Monopol auf besondere, nur ihnen vorbehaltene Zuständigkeiten. Mit anderen Worten sind sie rechtliche Berater und Beistände ihrer Mandanten, mit ausgewiesener Expertise für eine bestimmte Materie. Darüber hinaus vertreten sie Parteien als Kläger oder Beklagte in gerichtlichen Prozessen, mittels schriftlicher Eingaben oder, wo erforderlich, in mündlichen Verhandlungen.

Im Anwaltsberuf sind unterschiedliche Anstellungsverhältnisse geläufig. Im Grundsatz wird von einer selbstständigen Tätigkeit in eigenem Namen und auf eigene Rechnung ausgegangen. Anwältinnen und Anwälte können sich aber auch zu Personengesellschaften zusammenschliessen oder gemeinsam Kapitalgesellschaften gründen, um ihren Beruf auszuüben, solange dadurch nicht ihre Unabhängigkeit gefährdet ist. Für grössere Firmen und Konzerne, bei denen Gerichtsprozesse zum Tagesgeschäft gehören, kann es sich lohnen, «Hausjuristen» anzustellen, die sich firmenintern, aber auch nach aussen hin um die Lösung rechtlicher Probleme kümmern.

Bereits Rechtsanwälte ohne besondere Qualifikation unterstehen strengen gesetzlichen und berufsständischen Anforderungen an ihre fachliche Eignung und persönliche Integrität. Die Fachanwaltsausbildung ist darauf ausgerichtet, hohe Kompetenz auf einem bestimmten Rechtsgebiet im Sinne eines zusätzlichen, freiwilligen «Gütesiegels» zu garantieren. Da die Ausbildung mit Kosten im vierstelligen Bereich verbunden ist, welche die Absolventen bzw. ihre Kanzleien selbst zu tragen haben, ist bei Konsultation mit einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt mit einem entsprechend höheren Honoraransatz zu rechnen.

Notar

Die klassischen Aufgaben einer Notarin bzw. eines Notars sind anderer Natur. Sie beurkunden formpflichtige Rechtsgeschäfte wie Testamente, Eheverträge und Erbverträge oder Handlungen im Zusammenhang mit Grundstücken. Des Weiteren beglaubigen sie Unterschriften oder bestätigen die Authentizität bestimmter Urkunden mit Auslandsbezug (Apostille).

Doch wozu genau braucht es den Notarberuf überhaupt, und wieso können diese Aufgaben nicht generell dazu befähigte Rechtsanwälte übernehmen, wie dies in gewissen Kantonen (z.B. Glarus oder Nidwalden) der Fall ist?

Notare nehmen hoheitliche Beurkundungsaufgaben wahr. Um ihre Unabhängigkeit zu wahren, unterstehen sie strengen Berufspflichten, u.a. einer Rechtsbelehrungs- und Rechtsberatungspflicht sowie einem Berufsgeheimnis. In vielen Kantonen der Westschweiz verbieten es die Standesregeln den Notarinnen und Notaren, Nebenberufe einschliesslich jenem des Anwalts auszuüben. In anderen Kantonen ist dies hingegen zulässig oder – wie oben erwähnt – ist das Anwaltspatent sogar Voraussetzung für die Notariatstätigkeit.

Das Institut der öffentlichen Beurkundung hat zum obersten Ziel, Sicherheit im Rechtsverkehr zu schaffen und den öffentlichen Glauben von Registern wie dem Grundbuch oder dem Handelsregister zu schützen. Um dieses zu erreichen, haben die Urkundspersonen den wahrheitsgetreuen und unverfälschten Willen der Parteien zu dokumentieren und sie vor unüberlegten Entscheidungen zu schützen. Der Schutz vor Übereilung ist ein Nebeneffekt des im Vergleich zu anderen gesetzlichen Formvorschriften relativ aufwändigen Verfahrens der öffentlichen Beurkundung.

Auch die Vergütung, die Notarinnen und Notare für ihre Leistungen erhalten, bemisst sich von Kanton zu Kanton unterschiedlich. In Kantonen mit Amtsnotariat sind die Tarife direkt vorgeschrieben; die Notare erhalten grundsätzlich unabhängig von Arbeitslast und Wert der beurkundeten Geschäfte ein Gehalt als Beamte. Freiberufliche Notare hingegen sind, wie viele Anwälte, selbstständig tätig und müssen zumindest kostendeckend und selbsterhaltend wirtschaften. Obwohl das System des freien Notariats in der Theorie mehr Spielraum für Preiswettbewerb bei an sich gleichartigen Leistungen bietet, sind diese gemäss Studien des eidgenössischen Preisüberwachers signifikant teurer als die strenger regulierten Tarife im Amtsnotariat. Die Kantone mit Mischsystemen und geteilten Zuständigkeiten liegen im Mittelfeld. Da dank der wechselseitigen Anerkennungspflicht Geschäfte ohne Grundstücksbezug von Notaren in der ganzen Schweiz beurkundet werden können, kann sich ein interkantonaler Preisvergleich hier durchaus lohnen.

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