Moderne Technik machts möglich, dass Menschen länger leben können. Der implantierbare Kardioverte Defibrillator (ICD) beispielsweise kann den plötzlichen Herztod verhindern. Dieses kleine Gerät überwacht den Herzrhythmus und gibt im Bedarfsfall elektrische Impulse ab, die den normalen Herzrhythmus wiederherstellen. Das hat schon manch einem das Leben gerettet.
Kommt ein Mensch in die Jahre und wird krank, kann der eingebaute Defibrillator sein Sterben erschweren. Denn will das Herz aufhören zu schlagen, macht ihm der Defibrillator mit elektrischen Impulsen «Beine». Das löst beim sterbenden Menschen Schmerzen und Zuckungen aus, fürchterliche Ängste. «Und gerade das wollen wir ja auf jeden Fall verhindern», sagt Roland Kunz, Chefarzt Geriatrie und Palliative Care sowie ärztliche Leiter am Bezirksspital Affoltern am Albis. «Jeder Mensch soll schmerzfrei und ohne Angst sterben dürfen. Dafür setzen wir Palliativmediziner uns ein.»
Ohne Defibrillator kann der Tod ohne Schmerzen eintreten
Deshalb müssen die Pflegeteams auf der Palliativstation natürlich wissen, ob jemand einen Defibrillator eingebaut hat. Ist das der Fall, kann der Kardiologe so ein Gerät ganz einfach ausschalten. Und damit dem Patienten, der Patientin das Sterben durch einen Herztod erleichtern.» Ist kein Kardiologe vor Ort, hilft ein starkes Magnet. Legt jemand aus dem Pflegeteam ihn über das Herz des Patienten, wird das Magnetfeld des implantierten Defibrillators abgestellt. «Das merkt der Patient, die Patientin nicht. Der Tod kann kommen, wenn er dann muss», sagt Roland Kunz.
Und was ist mit einem Herzschrittmacher? «Der hört auf zu funktionieren, wenn das Herz nicht mehr schlagen will», sagt der erfahrene Palliativmediziner. «Das ist kein Problem.»
Unüberlegte Medikamentenabgabe
Mehr als die eingebauten Herzhelfer beschäftigt Roland Kunz, wie unüberlegt Senioren oftmals medikamentös behandelt werden. Er schildert einige Beispiele. Erzählt von 88-Jährigen, die noch immer Cholesterinsenker schlucken. Er schildert, wie ältere Leute sagen: ‹Herr Doktor, ich möchte Sterben› und sich dann gegen Grippe impfen lassen. «Meist schlucken sie noch drei verschiedene Herzmedikamente», sagt der Palliativmediziner. Und als er von einem 88Jahre alten Patienten hörte, dem nach akuten Herzproblemen drei Stents eingepflanzt wurden, obwohl er schon durch einen erlittenen Hirnschlag und eine Demenzerkrankung stark eingeschränkt war, schüttelte er den Kopf. Wenige Wochen später entwickelte der Patient eine Lungenentzündung, an der er dann trotz Antibiotika verstarb.
Das zeigt einmal mehr: Oft können weder Patienten noch Angehörige oder Ärzte die Grenzen des Lebens akzeptieren.
Text: Martin Schuppli