Der Schaffhauser passt perfekt ins Startup-Unternehmen: «Ich bin vielseitig interessiert», sagt der grossgewachsene schlanke Mann. «Ich engagiere mich, bringe mich ein und war während meiner ganzen beruflichen Karriere im Kontakt mit Menschen. Ich kann mich gut in neuen Situationen zurechtfinden. Herausforderungen reizen mich. Ich wünsche mir, Personen mit Lebensfragen noch möglichst lange beraten zu dürfen. Meine Beratung ist lösungsorientiert, sie soll konkreten Nutzen stiften.»
Und diesen konkreten Nutzen will Jürg Wachter in Zusammenarbeit mit DeinAdieu allen Menschen anbieten, die sich Gedanken zu einem selbstbestimmten Lebensabend machen. Was er da genau plant mit DeinAdieu-CEO Nicolas Gehrig, schildert er folgendermassen: «DeinAdieu wird Informationsveranstaltungen zu Themen durchführen, die Menschen im dritten Lebensabschnitt interessieren. Fachpersonen werden praxisnah über Patientenverfügung sprechen, über Vorsorgeauftrag und Nachlassregelung. Ebenfalls dabei sind ZEWO-zertifizierte NGOs, also Nicht-Profit-Organisationen. Ihnen bieten wir die Gelegenheit, sich zu engagieren für ihre Spender, Spenderinnen, für ihre Klienten, Kundinnen. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, sich auf diese Art zu bedanken. In einer Fragestunde werden die Referenten Fragen aus dem Publikum beantworten. Damit bieten wir Gewähr, dass der Anlass für alle Besucher, Besucherinnen wertvoll ist. So ein Event soll motivieren, sich mit wichtigen Dingen auseinanderzusetzen und die Zukunft zu gestalten.»
Jürg Wachter wirkt fit, wirkt zwäg. Wie macht er das? Zuerst lacht er sein gewinnendes Lachen. Dankt für das Kompliment. «Es sind einerseits wohl Gene, die meine Gesundheit positiv beeinflussen», sagt er. «Andererseits jogge ich regelmässig.» Freiwillig? «Klar», sagt er augenzwinkernd. «Meine Frau motiviert mich glücklicherweise dazu. Am liebsten bin ich aber auf den Skipisten. In den wärmeren Monaten möchte ich zukünftig wieder vermehrt Tennis spielen. Meine Vorhand trainieren und den Aufschlag verbessern.»
Jürg Wachter liest viel. Politik, Wirtschaft und Natur seien seine Lieblingsthemen. Und was sind seine Leidenschaften? «Ich führe gerne engagierte Diskussionen mit Freunden, lese neugierig Kochhefte und verschlinge online viele Zeitungen oder Bücher. Jetzt gerade die Schachnovelle von Stefan Zweig». Hat der rüstige Mann Mödelis und Macken? «Oh ja», sagt er. «Ich bin eher ungeduldig, will ab und zu Vieles zu schnell. Bin ich von einer Sache überzeugt, verteidige ich meine Position ziemlich hartnäckig.» Jürg Wachter interessiert sich extrem für Technik. Und er liebt Youtube-Videos. «Vor allem interessieren mich Herstellungsprozesse. Darum möchte ich liebend gerne einmal in einer Giesserei dabei sein, wenn glühender Stahl abkühlt oder in einer Grossweberei hören, wie die Webschiffchen zischend vorbeiflitzen.»
Ein alltägliches Thema ist für das DeinAdieu-Team der Tod, das Sterben. Wir sind beseelt vom Wunsch, dem Sterben den Schrecken nehmen. «Hast du, Jürg Wachter, da keine Berührungsängste?», fragt der Autor.
Nun. Der Angesprochene denkt einen Augenblick nach: «Eigentlich nicht, sonst hätte ich nicht bei euch angeheuert. Ich möchte meinen Lebensabend soweit wie möglich selber bestimmen», sagt Jürg Wachter. Schweigt kurz. «Der Gedanke an mein Ableben ist mir noch nicht sehr sympathisch.»
Trotzdem hakt der Schreiber nach: «Was meinst du, was geschieht beim Sterben? Wohin führt die letzte Reise?» Wieder lässt sich Jürg Wachter etwas Zeit, dann antwortete er mit einer Gegenfrage: «Könnte es sein, dass man beim Sterben ruhig in ein helles Licht eintaucht, wo Gegenwart und Zukunft verschmelzen? Ich weiss es nicht. Ich wünsche mir, dass meine Angehörigen, meine Freunde und Bekannten mich dereinst in guter Erinnerung behalten.
Nun folgt die Frage, die bei DeinAdieu unvermeidbar ist. «Jürg, hast du dir schon Gedanken gemacht über die letzte Lebensphase? Machtest du ein Testament, existiert ein Vorsorgeauftrag, eine Patientenverfügung? Weisst du, wie und wo du bestattet werden möchtest?»
Nun lächelt er wissend, unser Neuer. «Oh ja, ich habe alles geregelt. Machte eine Patientenverfügung, einen Vorsorgeauftrag sowie ein Testament. Bestattet werden möchte ich auf dem Waldfriedhof in Schaffhausen. Nicht nur, weil der Friedhof wunderschön ist, nein, er ist im Mai und Juni zudem ein Heim für Myriaden von Glühwürmchen. Und so wäre ich auf dem Waldfriedhof auch im Jenseits nie alleine.»
Und dann kommt, was kommen muss bei einem Youtube-Fan. Der Link zu den Glühwürmchen.
Text: Martin Schuppli, Fotos: Paolo Foschini
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